Messebauer leiden unter der Krise und können Hilfen beantragen. Foto: dpa/Thomas Frey

Die Corona-Krise trifft die deutsche Wirtschaft hart. Um die wirtschaftlichen Folgen auch langfristig abzumildern, sucht die Bundesregierung nach Ideen für die Zeit nach der Krise. In Baden-Württemberg startet das Soforthilfeprogramm für Kleinunternehmen und Soloselbstständige. Ein Überblick.

Stuttgart - Die Corona-Krise trifft die deutsche Wirtschaft hart, weil Produktionslinien stillstehen und Kunden ausbleiben. Um die wirtschaftlichen Folgen auch langfristig abzumildern, sucht die Bundesregierung nach Ideen für die Zeit nach der Krise. In Baden-Württemberg startet indes das Soforthilfeprogramm für Kleinunternehmen, Soloselbstständige und Freiberufler. Ein Überblick.

Wie will die Bundesregierung langfristige Folgen der Coronavirus-Pandemie für die Wirtschaft bekämpfen?

Wirtschaftsminister Peter Altmaier will nach der erwarteten Talfahrt der Wirtschaft eine dauerhafte Krise verhindern. Der CDU-Politiker sagte nach einer Videokonferenz mit führenden Ökonomen, die Einbußen würden wohl höher sein als in der Finanzkrise 2009. Die Regierung habe mit Maßnahmenpaketen den ersten Schritt getan, um die wirtschaftlichen Folgen abzufedern. Es müssten aber weitere Schritte ergriffen werden.

Wie könnten diese Schritte aussehen?

Altmaier sagte, es gehe darum, die Perspektive eines neuen Aufschwungs nach der Krise nicht aus den Augen zu verlieren und Wachstumskräfte zu entfalten – wenn die Zahl der Infektionen zurückgehe, Einschränkungen im öffentlichen Leben zurückgefahren werden und Unternehmen wieder normal produzieren könnten. Konkreter wurde Altmaier nicht, er macht sich aber schon lange für eine Reform der Unternehmensteuern stark.

Wie sehen die deutschen Wirtschaftsweisen die Situation?

Lars Feld, Chef des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der sogenannten Wirtschaftsweisen, sagte, es brauche nach dem Abklingen der Maßnahmen zum Gesundheitsschutz steuerliche Initialzündungen. Davon werde viel abhängen, damit Deutschland schnell aus der Krise herauskomme und 2021 einen ähnlich schnellen Aufschwung hinlegen könne wie nach der Finanzkrise. 2009 war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wegen der Finanz- und Bankenkrise um 5,7 Prozent zurückgegangen. 2010 wuchs die deutsche Wirtschaftsleistung dann wieder um 4,2 Prozent. Vergangenes Jahr wuchs das BIP nur um 0,6 Prozent, weil vor allem die exportstarke deutsche Industrie von einer schwächeren Weltwirtschaft und Handelskonflikten belastet wurde. Feld rechnet zwar mit einer schweren Rezession in diesem Jahr, aber mit keinem Einbruch von mehr als zehn Prozent.

Das Land verspricht Soforthilfen. Wann und wo können Anträge gestellt werden?

Der Startschuss für die Anträge fällt an diesem Mittwochabend. Dafür müssen die Formulare für den Antrag auf der Homepage des Landeswirtschaftsministeriums heruntergeladen und ausgefüllt werden. Dazu gehören beispielsweise Informationen zu den Umsatzeinbußen und zu der Zahl der Beschäftigten. Die Unterlagen müssen anschließend auf der Homepage www.bw-soforthilfe.de eingereicht werden. Damit landet der Antrag automatisch bei der richtigen zuständigen Kammer – also einer Industrie- und Handelskammer oder einer Handwerkskammer. Dort findet dann eine inhaltliche Prüfung statt, bevor der Antrag zur staatlichen L-Bank geht, wo er bewilligt und ausbezahlt wird.

Wie groß wird der Ansturm auf die Hilfen vermutlich sein?

Der Handwerkstag und der Industrie- und Handelskammertag im Land rechnen mit einem großen Ansturm. Die Industrie- und Handelskammern im Land sind für mehr als 650 000 Unternehmen zuständig, der Handwerkstag für mehr als 135 000. Freiberufler und andere Gruppen kommen noch hinzu. Selbst wenn nur ein Teil davon einen Antrag stellen müsse, seien das viele Tausend Anträge, sagt eine Sprecherin des Handwerkstags. Alleine im Handwerk gehe jede der acht Kammern von mehreren Tausend Anträgen aus.

Wie sind die Kammern im Land darauf vorbereitet?

Die Kammern teilen mit, die IHK-Organisation habe die technische Basis in Abstimmung mit dem Handwerk gelegt. „Alle Kammern haben Hotlines eingerichtet und ihre telefonische Erreichbarkeit ausgeweitet“, sagt die Sprecherin. „Zudem stehen bei beiden Kammerorganisationen viele Hundert Mitarbeiter bereit, teilweise im Schichtbetrieb, an Wochenenden und ganz überwiegend aus dem Homeoffice.“ Sie würden von Mittwoch an die Anträge bearbeiten – wenn nötig fast rund um die Uhr. Es gebe zudem notfalls Reserven.

Was sind die konkreten Kriterien, die sie für die inhaltliche Prüfung anlegen?

Das steht noch nicht endgültig fest. „Die finalen Abstimmungen mit dem Wirtschaftsministerium laufen noch bis diesen Mittwoch“, sagt die Sprecherin. Wichtig werde in jedem Fall sein, dass es ein Betrieb im Vollerwerb ist und der angegebene Liquiditätsengpass für die nächsten drei Monate plausibel erscheine. Betriebe sollten bedenken, dass sie eine eidesstattliche Versicherung abgäben.

Wie lange wird die Prüfung eines Antrags voraussichtlich dauern?

Die Kammern teilen mit, man werde versuchen, die Plausibilitätsprüfungen bei den Anträgen schnellstmöglich zu erledigen. Derzeit liefen die Schulungen dafür. „Wir sind vorbereitet“, sagt die Sprecherin. Schlussendlich werde es aber auf die Entscheidung der L-Bank ankommen, ob und wann die Gelder auf den Konten der Unternehmer landeten.