Bis Juni 2018 war Annette Schavan deutsche Botschafterin am Heiligen Stuhl in Rom. Foto: dpa

Die frühere Bildungsministerin Annette Schavan sprach in Stuttgart über Ihre Arbeit in Rom, das Pontifikat von Papst Franziskus und die Situation der Katholischen Kirche.

Stuttgart - In der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart leuchtet ein Bild von einer lachenden Annette Schavan auf einer roten Vespa an der Wand. Kurz darauf sitzt sie auch persönlich davor, gemeinsam mit Verena Wodtke-Werner, der Akademiedirektorin. Die ehemalige Bundesministerin Schavan erzählt am Donnerstagabend in Stuttgart-Hohenheim von ihrer Zeit als Botschafterin am Heiligen Stuhl und ihren Eindrücken vom Pontifikat des Papstes Franziskus. Sie spricht über Politik und Persönliches. So sei die Zeit in Rom für sie auch ein Aufbruch in eine neue Lebensphase gewesen.

Von Juli 2014 bis Ende Juni 2018 war Schavan deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl. Diese Botschaft, die auch diplomatische Beziehungen zum Malteserorden pflegt, ist eine wenig bekannte deutsche Außenvertretung. Sie sei jedoch sehr wichtig, betont Schavan. Denn der Heilige Stuhl sei klar vom Vatikanstaat zu trennen. Er vertrete nicht einen kleinen Staat innerhalb Roms, sondern die Gesamtheit der internationalen katholischen Kirche. Er ist auch als Völkerrechtssubjekt anerkannt.

„Ältester Global Player der Welt“

Damit könne man den Heiligen Stuhl als „ältesten Global Player der Welt“ sehen. Seine politische Bedeutung sei nicht von der Hand zu weisen, so habe die Kirche auch in der deutschen Wiedervereinigung und in der Gründung der Europäischen Union eine nicht zu vernachlässigende Rolle gespielt. Den Heiligen Stuhl sieht Schavan als „Fels in der Brandung“ des internationalen Dialogs, da er komplett selbstständig und ohne Bündnisverpflichtungen sei.

Schavan war fast zehn Jahre Kultusministerin in Baden-Württemberg, acht Jahre stand sie an der Spitze des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Auch in Rom hat die heute 64-Jährige ihren klassischen Themen die Treue gehalten. So hat sie zum Bespiel an der deutschen Vertretung eine Bibliothek eingerichtet und mit dem Papst auch mal über Sport geredet. Aktuelles kam in ihren Gesprächen in Rom ebenfalls nicht zu kurz: Migration und Globalisierung würden am Heiligen Stuhl genauso diskutiert wie Kunst, Kultur und Philosophie.

„Roten Faden der Theologie gefunden“

Als Katholik sei man „immer Teil einer Weltgemeinschaft“, betont Schavan, und gerade Deutschland spiele als Land der Reformation eine bedeutsame Rolle. Deshalb ist sie auch persönlich dafür eingetreten, dass Deutschland diplomatische Beziehungen mit dem souveränen Malteserorden aufnimmt, was 2017 auch geschah. Die diplomatische Kontakte zum Malteserorden gehörten mit zu Schavans Aufgaben in Rom.

Im Herzen der katholischen Kirche hatte Schavan auch persönliche Erkenntnisse. „Ich habe in Rom den roten Faden in der Theologie gefunden“, meint sie. Die katholische Kirche solle nicht nur bewahren, sondern auch Pionieraufgaben übernehmen. Sie ist überzeugt: „Man fällt mit seinen Idealen schnell aus der Zeit, wenn man die Zeit nicht mehr verstehen will“.