Anne Soupa will Bischöfin von Lyon werden. Die französische Theologin will Frauen in der katholischen Kirche auch Mut machen, mehr Rechte einzufordern. Foto: dpa/Olivier Chassignole

Die französische Theologin Anne Soupa kämpft seit Jahren für die Rechte der Frauen in der katholischen Kirche. Nun hat sie eine außergewöhnliche Bewerbung eingereicht.

Paris - Die Bewerbung ist eine Provokation. Anne Soupa weiß, dass sie keine Chance hat, Bischöfin von Lyon zu werden. Dennoch hat sie beim Vatikanbotschafter in Paris ein Glaubensbekenntnis, ein Reformprogramm und ihren Lebenslauf eingereicht. Allein diese Prozedur ist mehr als ungewöhnlich. Für solch ein wichtiges Amt wird in der Regel nicht öffentlich kandidiert, katholische Bischöfe werden vom Papst ernannt. Es gibt aber eine wesentlich größere Hürde: Bischöfe müssen mindestens fünf Jahren Priester gewesen sein. Dieses Amt aber ist in der katholischen Kirche Männern vorbehalten. Der Erzbischof von Lyon ist der oberste katholische Würdenträger Frankreichs.

Frauen bringen frisches Blut in die Kirche

Anne Soupa ficht das alles nicht an. „Ich denke, dass ich es kann, dass alle Frauen frisches Blut in die Kirche bringen können.“ Zudem ist die 73-Jährige Ärger gewöhnt. Sie kämpft schon seit Jahren für die Rechte von Frauen in der katholischen Kirche. So ist sie Mitbegründerin und aktuelle Präsidentin des „Comité de la jupe“, dem Rock-Komitee. Die Gruppe wurde im Jahr 2008 von ihr und der Schriftstellerin Christine Pedotti gegründet. Anlass war damals eine reichlich herablassende Bemerkung von Kardinal André Vingt-Trois. Der mokierte sich über eine stärkere Beteiligung von Frauen am kirchlichen Leben und ließ den Satz fallen: „Es geht nicht darum, einen Rock zu haben, es geht darum, etwas im Kopf zu haben.“ Der Kardinal entschuldigte sich später zähneknirschend für die Aussage, doch der Verein blieb bestehen. Zudem gründete sich daraus die „Katholische Konferenz der getauften französischsprachigen Christinnen“ („Conference catholique des baptisées francophones“), in der die streitbare Anne Soupa ebenfalls leitende Funktionen übernahm.

Bewerbung mit großer Brisanz

Die Bewerbung der Theologin birgt auch aus anderen Gründen eine große Brisanz. Die Stelle in Lyon ist seit März vakant und eng verknüpft mit einem Missbrauchsskandal in der französischen Kirche. Kardinal Philippe Barbarin, dem damaligen Inhaber des Bischofsstuhls, wurde vorgeworfen, über Jahre Missbrauchsvorwürfe gegenüber einem Priester vertuscht zu haben. Barbarin war zwar im Januar von einem französischen Berufungsgericht in einem aufsehenerregenden Prozess freigesprochen worden, doch er reichte seinen Rücktritt ein.

Das Erzbistum stehe „sinnbildlich für eine fehlgeschlagene Verwaltung“, resümiert die Theologin. Dort herrsche Chaos, vier Bischöfe hätten es nicht geschafft, Ordnung zu schaffen, besonders mit Blick auf die Missbrauchsfälle. Dies sei „das Ergebnis einer Verwaltungsstruktur, die nicht mehr in diese Zeit passt“.

Die Stunde der Frauen ist gekommen

Anne Soupa sieht in dieser Krise die Stunde der Frauen gekommen. Sie ist der Auffassung, dass eine Bischöfin „eine große Erneuerung und eine völlig andere Sichtweise bringen“ und spricht sich dafür aus, dass Laien mehr Verantwortung übernehmen können und dürfen. Die Theologin sieht sich bei ihrer Bewerbung sogar bestärkt vom Papst. Franziskus fordere immer wieder dazu auf, mehr gegen Missbrauch und verkrustete Machtstrukturen zu tun. Sie biete dem Klerus nun eine „ausgestreckte Hand“ hin zu einer Modernisierung.

Die Theologin will es nicht bei ihrer eigenen Bewerbung bewenden lassen. Sie fordert über Twitter alle Frauen mit Erfahrung in der Kirche auf, sich auf freie Posten zu bewerben, „zu denen sie sich berufen fühlen“. Frauen seien „die großen Verlierer“ der Kirche, kritisiert Anne Soupa. Sie wolle, dass sie sich dessen bewusst werden und fragen: „Warum nicht ich? Warum kann ich nicht Bischöfin werden?“