Sieht sich mit Problemen bei Voith Turbo Rail in China konfrontiert: Hubert Lienhard, Vorsitzender der Voith-Konzerngeschäftsführung. Foto: dpa

Der schwäbische Anlagenbauer Voith hat offenbar fehlerhafte Zuggetriebe nach China geliefert. An die 100 von ihnen sind dort seit 2012 ausgefallen – zum Ärger der chinesischen Zugbetreiber.

Shanghai/Heidenheim - Es läuft nicht rund für Voith im Reich der Mitte. Der Anlagenbauer mit Hauptsitz in Heidenheim an der Brenz kämpft im Wachstumsmarkt China mit Problemen bei seinen Zuggetrieben. Die liefert Voith an den staatlichen Eisenbahnbetreiber Chinese Railway Corporation (CRC), die sie in ihren Hochgeschwindigkeitszügen einsetzt. Manche der Getriebe überhitzen im Betrieb, was zu Rissen und Ausfällen führt.

Rund 100 der Bauteile mussten die Wartungstechniker seit Juni 2012 bereits austauschen. Allein in den vergangenen zwei Monaten fielen deshalb sieben Züge aus – zum Leidwesen der Passagiere. Die betroffenen Hochgeschwindigkeitszüge des Typs CRH 380 B verkehren zwischen den Millionenstädten Wuhan, Kanton, Peking, Shanghai, Harbin und Dalian. Mit überraschend deutlichen Worten empfiehlt die CRC den ihr unterstellten Zugherstellern, auf Produkte der Konkurrenz auszuweichen. Zwar stellten die fehlerhaften Getriebe keine Gefahr für die Sicherheit der Züge dar, doch seien die Ausfälle ärgerlich und kostspielig, sagte ein chinesischer Ingenieur der Tageszeitung China Business News. Bisher seien Voith-Produkte aber immer zuverlässig gewesen.

Ein Voith-Sprecher räumt ein, bei dem Kunden in China mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen. „Ein Team von Voith-Experten arbeitet eng mit unserem Kunden daran, die Ursachen herauszufinden und eine Lösung anzubieten“, sagt er. Voith sei aber zuversichtlich, das Problem in nächster Zeit beheben zu können. Getriebe für diese Art von Zügen seien exakt auf den jeweiligen Zugtyp zugeschnitten, weswegen ausschließlich der chinesische Markt von dem Problem betroffen sei.

Das Getriebe-Problem ist für Voith insofern ärgerlich, dass der chinesische Eisenbahnmarkt derzeit rasant an Fahrt aufnimmt. China will in den kommenden vier Jahren 40 Milliarden Euro in Schienen, Bahnhöfe und Züge investieren. Die staatliche Eisenbahngesellschaft CRC bestellt jährlich zwischen 400 und 450 Züge, die insgesamt 13 000 Getriebe benötigen. Damit ist China derzeit der größte Eisenbahnmarkt der Welt. Bekommt Voith seine Probleme dort nicht in den Griff, müsste das Unternehmen wohl der Konkurrenz diesen lukrativen Markt überlassen.

Die Getriebesparte gehört bei Voith zum Marktbereich Rail, der wiederum im Konzernbereich Voith Turbo angesiedelt ist. Neben Getrieben verkauft der Konzern in diesem Segment unter anderem auch Kühlanlagen, Kupplungen, Frontnasen sowie Gelenkwellen für Schienenfahrzeuge aller Art. Darunter fallen neben Personenzügen auch U- und Straßenbahnen. Die Radsatz-Getriebe machen demnach nur einen geringen Teil des Geschäfts in diesem Segment aus.

Trotzdem bereitet die Rail-Sparte der Voith-Führung um Konzernchef Hubert Lienhard auch an anderer Stelle Sorge. Bis Januar 2014 bot das Unternehmen auch noch Lokomotiven vom Typ Maxima an. Aufgrund mangelnder Nachfrage stellte Voith die Produktion komplett ein. Seit Januar betreibt Voith die Fabrik am Kieler Nordhafen nur noch als Service-Standort.