Der neue Voith-Chef Toralf Haag (rechts) und Roland Münch, der die Digitalsparte von Voith verantwortet, testen gemeinsam den Leichtbauroboter Panda von Voith Robotics – ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Start-up Franka Emika. Foto: Voith

Der Heidenheimer Technologiekonzern hat rund 1,5 Milliarden Euro in der Kasse hat und plant mehrere Übernahmen.

Stuttgart - In den letzten Wochen hat Toralf Haag ein Mammutprogramm hinter sich gebracht. Er ist weltweit viel gereist, hat Kunden und Mitarbeiter besucht und sich als neuer Voith-Chef vorgestellt. Der neue Vorsitzende der Konzerngeschäftsführung ist allerdings kein Unbekannter, denn seit zwei Jahren ist der promovierte Betriebswirt Haag, der einst beim Schweizer Chemieunternehmen Lonza gearbeitet hat, Finanzchef von Voith. Die Doppelrolle hat er noch so lange, bis das Finanzressort neu besetzt ist. Und das dürfte wohl im Lauf der nächsten Monate sein.

Seit 40 Tagen im Chefsessel

Vor gerade mal 40 Tagen hat Haag den Chefposten in Heidenheim übernommen, als Nachfolger von Stephan Schaller, der sein Amt nach nur sieben Monaten aufgegeben hat. „Voith steht finanziell besser da denn je“, sagt er bei der Jahrespressekonferenz in Stuttgart. Das Unternehmen sei in robuster Verfassung, nun gehe es darum, die Wachstumsdynamik zu stärken. Für den Vater von drei erwachsenen Kindern sind das keine Plattitüden, er will Gas geben. Nach dem Verkauf der Beteiligung am Roboterhersteller Kuka ist die Voith-Kasse mit 1,5 Milliarden Euro gut gefüllt. Geld, das Haag für kleinere und größere Übernahmen ausgeben will – im Kerngeschäft, aber auch zur Erschließung neuer Geschäftsfelder.

Dabei denkt der Voith-Chef etwa an Energiespeicher, elektrische Antriebssysteme oder Sensortechnologie. Langfristig kann man sich gar eine fünfte Säule vorstellen, neben dem klassischen Geschäft mit Papiermaschinen, Wasserkraftanlagen, der Antriebstechnik für Busse, Lkw und Schienenfahrzeuge sowie dem Digitalgeschäft, in dem auch die Start-up-Aktivitäten gebündelt sind. Dazu zählt auch Voith Robotics, ein Joint-Venture mit dem Münchner Unternehmen Franka Emika. Das Gemeinschaftsunternehmen mit dem selbstlernenden, einfach bedienbaren Leichtbauroboter „Panda“ sieht im noch jungen Markt für kollaborative Roboter, sogenannte Cobots, großes Potenzial. Das Digitalgeschäft, das auch als Innovationszentrum neue Geschäftsmodelle fürs gesamte Unternehmen generiert, soll nach Anlaufverlusten in zwei Jahren die Gewinnschwelle erreichen. Im Plan liegt man auch bei den E-Bussen mit Voith-Technik, die ab nächstem Jahr in deutschen Städten unterwegs sein werden.

Paiermaschinen profitieren vom Boom im Online-Handel

Im laufenden Geschäftsjahr will Voith bei Aufträgen, Umsatz und Ergebnis zulegen. Im letzten Geschäftsjahr 2017/18, das am 30. September endete, lag der Auftragsbestand mit fast 5,2 Milliarden Euro nahezu auf Vorjahresniveau. Weil sich Aufträge in der Wasserkraft-Sparte verzögert haben, lief es dort schlechter. Eine „temporäre Schwäche“, wie Haag sagt, denn der Konzernbereich, der rund 26 Prozent zum Umsatz beisteuert, sei solide gewachsen. Gut lief das Geschäft mit Papiermaschinen – mit 42 Prozent größter Umsatzbringer im Konzern. Hier profitiert Voith vom Boom im Online-Handel und der damit steigenden Nachfrage nach Kartons und Verpackungsmaterial. Bei der Antriebstechnik belasteten Anlaufkosten für ein geplantes Gemeinschaftsunternehmen in China.

Insgesamt lag der Voith-Umsatz mit 4,21 Milliarden Euro leicht unter dem Vorjahr, währungsbereinigt stieg er allerdings um vier Prozent. Das Ergebnis nach Steuern lag bei 53 Millionen Euro – nach 596 Millionen Euro im Vorjahr. Das dicke Plus ging damals allerdings vor allem auf den Kuka-Verkauf zurück. Bereinigt um den Roboterbauer hätte der Gewinn damals nur 33 Millionen betragen. Weltweit beschäftigt Voith gut 19 500 Mitarbeiter, davon 10 000 im Inland. In Heidenheim arbeiten rund 4000 Beschäftigte.