Die Anklage lautet auf Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Foto: dpa

Ein 26-jähriger Mann soll den Mediziner umgebracht haben. Das Gericht muss auch klären, ob er an Verfolgungswahn litt.

Offenburg - Vor dem Landgericht in Offenburg (Ortenaukreis) beginnt an diesem Mittwoch, 30. Januar, der Prozess gegen einen 26 Jahre alten Mann aus Somalia. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, einen 52-jährigen Arzt getötet zu haben. Der abgelehnte Asylbewerber soll nach den Ermittlungen der Polizei am 16. August 2018 kurz vor neun Uhr die Praxisräume des Allgemeinmediziners betreten und im Behandlungszimmer unvermittelt mit einem Messer auf den Arzt eingestochen haben. Der Angegriffene starb noch vor Ort an den vielen Stichverletzungen, die er im Bereich des Kopfes und am Hals erlitten hatte. Eine Arzthelferin erlitt eine Schnittverletzung.

Der Täter floh, wurde aber im Zuge einer Großfahndung rasch gefasst und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Die Anklage lautet auf Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Das Vorgehen bei der Tat wird von der Staatsanwaltschaft als heimtückisch gewertet, da der Arzt nicht mit einem Angriff rechnete und demzufolge in seiner Verteidigungsfähigkeit eingeschränkt war, was dem Tatverdächtigen bewusst gewesen sei.

Auch die Frage nach der Schuldfähigkeit spielt eine Rolle

Das Motiv des 26-Jährigen konnte noch nicht vollständig geklärt werden. Aufgrund seiner Äußerungen zur Tat und seines Verhaltens ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Mann an einer psychischen Erkrankung leidet. Möglicherweise, so die Anklage, litt er unter Verfolgungswahn und hatte die Vorstellung, der Arzt habe ihn vergiftet. Ein psychiatrisches Gutachten wurde in Auftrag gegeben. Weil der Mann an der Begutachtung aber nicht mitwirkte, wird seine Schuldfähigkeit in der Verhandlung geklärt.

Der Tatverdächtige reiste im November 2015 in die Bundesrepublik ein. Nach seinen Angaben stammt er aus Somalia. In Deutschland hat er einen Asylantrag gestellt, der im April 2017 abgelehnt wurde. Zugleich wurde dem nicht vorbestraften Mann ein subsidiärer Schutzstatus zuerkannt, sodass er sich zum Zeitpunkt der Tat legal in Deutschland aufhielt. Für den Prozess vor einer Schwurgerichtskammer sind sechs Verhandlungstag angesetzt.

Die Bluttat hatte in Offenburg und überregional Betroffenheit und Trauer ausgelöst. Rechtsradikale Kreise versuchten, das Verbrechen zu instrumentalisieren, und die AfD schickte im Oktober 2018 erstmals bei einer Oberbürgermeisterwahl in Baden-Württemberg einen Kandidaten ins Rennen – der aber krachend scheiterte.