Das Trio hatte im März aus nichtigem Grund zugeschlagen und -getreten (Symbolbild). Foto: StZN/Philip Weingand

Drei junge Männer aus dem Rems-Murr-Kreis haben vor dem Landgericht Stuttgart sehr milde Urteile bekommen: Sie hatten am Bahnhof in Beutelsbach erst auf einen 23-Jährigen, dann auf Zeugen eingeschlagen.

Stuttgart/Weinstadt - Glückwünsche von einer Staatsanwältin und Richterin bekommt man nicht alle Tage – ein 18-jähriger Angeklagter hatte am Mittwoch vor dem Stuttgarter Landgericht diese Ehre. Als besonderes Extra gab es am Nachmittag gleich ein ausgesprochen mildes Urteil: Der junge Mann und seine 20 und 21 Jahre alten Mitangeklagten wurden wegen eines Angriffs am Bahnhof von Weinstadt-Beutelsbach (Rems-Murr-Kreis) zu Bewährungsstrafen nach dem Jugendstrafrecht verurteilt.

Die Strafe für den 20-Jährigen beträgt zwei Jahre, der 21-Jährige bekam ein Jahr und zehn Monate; der 18-Jährige wurde zu einem Jahr verurteilt – die Bewährungszeit beträgt für alle zwei Jahre. Der 18- und der 21-Jährige müssen zudem gemeinnützige Arbeit leisten. „Das ist ein sehr mildes Urteil. Sie werden alles tun müssen, um den Vertrauensvorschuss zu erfüllen“, sagte die Richterin.

Die Opfer haben bis heute Angst vor dem Bahnhof Beutelsbach

Das Trio war Anfang März aus nichtigem Grund mit einem 23-Jährigen aneinander geraten. Der 20- und der 21-Jährige schlugen und traten auf ihren Kontrahenten auch noch ein, als er am Boden lag – der 20-Jährige stieß den Mann zudem gegen eine ausfahrende S-Bahn. Dann griffen die drei Betrunkenen auch Zeugen an, die einschreiten wollten. Bis heute haben die beiden Hauptgeschädigten Angst, in Beutelsbach in die S-Bahn zu steigen.

Bei den Plädoyers hatte es am Vormittag Überraschungen gegeben: Die Staatsanwältin ließ den ursprünglichen Vorwurf des versuchten Totschlags fallen. „Ich sehe keine Indizien dafür, dass er den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen hat“, meinte sie über den 20-Jährigen. Womöglich habe er nicht erkannt, dass der 23-jährige Geschädigte in den Spalt zwischen S-Bahn und Bahnsteig hätte fallen können. „Es bleibt aber eine gefährliche Körperverletzung – und zwar im extrem oberen Bereich“, so die Staatsanwältin. Sie hatte für den 20-Jährigen eine Jugendstrafe von zweieinhalb Jahren ohne Bewährung gefordert.

Die Bewertungen der Ankläger gehen auseinander

Die Anwältin, die eines der Opfer für die Nebenklage vertritt, sah das jedoch anders. Sie zeigte sich beeindruckt von dem 20-jährigen Angeklagten, der zwar vorbestraft ist, aber bisher keine Gewalttaten begangen hatte. Sie hatte für ihn eine Bewährungsstrafe vorgeschlagen.

Was den Angriff auf ihren Mandanten angehe, sei der 18-Jährige der Haupttäter. Dieser hatte sich zunächst aus der Schlägerei herausgehalten, dann jedoch den zweiten Geschädigten, von dem er sich beleidigt fühlte, über den Bahnsteig geprügelt und noch versucht, ihm den Geldbeutel abzunehmen. Die Anwältin entdeckte bei dem jungen Angeklagten keine Reue – im Gegenteil: „Sie sind einmal betrunken hier angekommen – das schlägt dem Fass den Boden aus.“ Sie hatte gefordert, dem 18-Jährigen keine Bewährung zu geben.

Der dritte Angeklagte, ein aufbrausender 21-Jähriger, hatte dagegen im Plädoyer vom Rechtsanwalt des Hauptangeklagten Einiges einstecken müssen: Sein Mandant habe zwar zugeschlagen, getreten und das erste Opfer gegen die Bahn gestoßen. Aber es sei sein erster derartiger Fehltritt. Der 21-Jährige dagegen „war der Hauptauslöser, und er hat als einziger Vorstrafen wegen Gewaltdelikten in petto“, so der Jurist. Für den 21-Jährigen hatte die Staatsanwältin eine Jugendbewährungsstrafe von zwei Jahren gefordert.