Die Bundeswehr zieht einen Teil ihrer Soldaten aus dem Irak ab. Foto: dpa/Michael Kappeler

Aus Angst um die Sicherheit der deutschen Soldaten im Irak hat die Bundesregierung einen Teil des Bundeswehr-Kontingents aus dem Land abgezogen. Auch Truppen der Nato verlassen den Irak.

Berlin - Die Bundesregierung hat auf die wachsenden Spannungen im Mittleren Osten reagiert und deutsche Soldaten aus dem Irak ausgeflogen. Auch die Nato kündigte am Dienstag an, einen Teil ihrer Truppen aus dem Land einstweilig abzuziehen. Das irakische Parlament hatte nach dem tödlichen US-Luftangriff auf den iranischen General Ghassem Soleimani in Iraks Hauptstadt Bagdad in einer Resolution den Abzug aller ausländischen Streitkräfte gefordert. Welche Zukunft der Einsatz der Bundeswehr im Irak noch hat, ist nicht abzusehen.

Wie war die Bundeswehr bislang im Irak im Einsatz?

Deutschland beteiligt sich an der internationalen Koalition gegen die Dschihadistenmiliz IS im Irak und in Syrien. Die Bundeswehr unterstützt die Mission von der jordanischen Luftwaffenbasis Al-Asrak aus mit Tornado-Aufklärungsjets und Tankflugzeugen. Zudem bildeten deutsche Soldaten bisher im Zentralirak sowie in dem von kurdischen Kräften kontrollierten Norden des Landes irakische beziehungsweise kurdische Sicherheitskräfte aus, um diese für den Kampf gegen den IS zu wappnen. Diese Trainingsmission war bereits am Freitag aufgrund der verschlechterten Sicherheitslage vorübergehend ausgesetzt worden. Nach der Tötung Soleimanis ist mit vom Iran gesteuerten Vergeltungsaktionen etwa gegen die US-Truppen im Irak zu rechnen.

Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung gezogen?

Die Flüge der Anti-IS-Koalition über dem Irak und Syrien werden bislang fortgesetzt. Das Mandat der Bundeswehr dafür läuft auf Druck der SPD allerdings nur noch bis Ende März. An dem Ausbildungseinsatz können sich die deutschen Soldaten nach derzeitiger Beschlusslage noch bis Ende Oktober beteiligen. Da diese Tätigkeit aber ohnehin ruht, wurden nun drei im Hauptquartier der internationalen Truppen in Bagdad stationierte Bundeswehrsoldaten zusammen mit Offizieren anderer Nationen nach Kuwait verlegt. Die Bundeswehr flog zudem in der Nacht auf Dienstag 32 bislang auf dem nordwestlich der irakischen Hauptstadt gelegenen Stützpunkt Tadschi eingesetzte Bundeswehrsoldaten auf die Basis Al-Asrak in Jordanien. Dort sind nun rund 300 deutsche Soldatinnen und Soldaten stationiert.

Bis es eine Klärung über den Verbleib ausländischer Truppen im Irak gebe, werde das deutsche Kontingent im Zentralirak aus Sicherheitsgründen „ausgedünnt“, erklärten Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) in einem Schreiben an Vertreter der zuständigen Bundestagsausschüsse. Die 115 im kurdischen Erbil stationierten deutschen Soldaten verbleiben dort zunächst. Verglichen mit der Region um Bagdad gilt die Lage in dem Kurdengebiet als sicher.

Wie geht es mit dem Bundeswehr-Einsatz im Irak weiter?

Die Bundesregierung wolle „die eigenen Soldaten nicht unnötigen Gefahren aussetzen“, prinzipiell halte die internationale Gemeinschaft aber an der Arbeit im Irak fest, sagte Kramp-Karrenbauer am Dienstag beim Besuch der CSU-Klausurtagung im oberbayerischen Kloster Seeon. Denn weder sei der IS nachhaltig und endgültig besiegt, noch sei das Ziel erreicht, durch den Ausbildungseinsatz eigenständige und tragfähige Sicherheitsstrukturen im Irak zu schaffen. Gleichzeitig befänden sich die internationalen Truppen jedoch „auf Einladung und mit Zustimmung“ der irakischen Regierung im Land: „Sollte sich daran etwas ändern, müssen wir das akzeptieren“, fügte die CDU-Vorsitzende im Hinblick auf den Beschluss des irakischen Parlaments hinzu. Die Resolution der Abgeordneten zum Abzug aller ausländischen Truppen ist für die Regierung in Bagdad nicht verbindlich.

Der Grünen-Obmann im Verteidigungsausschuss, Tobias Lindner, bezweifelt, dass die Bundeswehr nach Bagdad und das Lager in Tadschi zurückkehren wird. Kramp-Karrenbauer müsse den Einsatz dringend evaluieren, erklärte Lindner. „Auch wenn sich die Lage bessert, kann die Bundeswehr nicht einfach in Tadschi die Ausbildung fortsetzen, als sei nichts gewesen.“ Der Verteidigungsausschuss des Bundestags befasst sich am Donnerstag in einer Sondersitzung mit der Entwicklung.

Wie positioniert sich die große Koalition in in dem Konflikt zwischen den USA und dem Iran?

Kramp-Karrenbauer fordert, das „erste Augenmerk“ im Mittleren Osten müsse nun „darauf gelegt werden, dass es zu keinen weiteren Eskalationen kommt“. Deutschland und seine internationalen Partner wollten dafür „auf allen diplomatischen Kanälen“ ihren Beitrag zur Deeskalation leisten. An erster Stelle sei aber Iran in der Verantwortung, da die Regierung in Teheran während der vergangenen Jahre immer wieder „für Eskalationen gesorgt“ habe.

Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich kritisierte die Führung in Teheran. „Irans militärische Rolle im Nahen und Mittleren Osten hat sowohl zu vielfachem menschlichen Leid geführt als auch maßgeblich zur Destabilisierung der Region beigetragen“, sagte Mützenich der „Süddeutschen Zeitung“. Der Sozialdemokrat übte wegen der Tötung Soleimanis jedoch auch scharfe Kritik an der US-Regierung von Präsident Donald Trump, dem er einen „eruptiven“ und „neurotischen“ Politikstil vorwarf. „Ob es bei der gegenwärtigen amerikanischen Regierung eine Rückkehr zu einem geordneten politischen Miteinander geben kann, muss man heute bezweifeln“, sagte Mützenich. Deutschlands Verhältnis zu den USA sei nun „tief greifenden Veränderungen und Belastungen ausgesetzt“.