Soldaten und Feuerwehrmänner verladen gemeinsam Kartons mit Schutzkleidung in der Feuerwache Erkelenz. Foto: dpa/Jonas Güttler

In der Corona-Krise ist die Bundeswehr ein viel gefragter Partner der Behörden: Annähernd 300 Mal wurden schon Anträge auf Hilfeleistungen der Truppe gestellt. Doch ihre Kapazitäten sind begrenzt – weshalb eine große Zahl von Gesuchen abgewiesen werden muss.

Stuttgart - Mit einer Zuspitzung der Corona-Krise rückt die Bundeswehr ins Blickfeld, um Behörden mit Personal oder Material zu unterstützen. Bundesweit wurden bis Donnerstag mehr als 280 Amtshilfeersuchen gestellt – von Ländern, Landkreisen und anderen Behörden, wie ein Sprecher der Bundeswehr sagte.

Mehr als 60 der Aufgaben werden gerade durchgeführt, 15 sind abgeschlossen. Gut 50 werden noch vom Kommando Territoriale Aufgaben in Berlin geprüft. Um die 150 Anträge wurden schon abgelehnt oder zurückgezogen. Denn häufig machen sich Behördenvertreter falsche Vorstellungen von den Ressourcen der Truppe. Eine Bevorratung in riesigen Depots zum Beispiel gibt es nicht mehr, weil die Bundeswehr mit der Abkehr von der Verteidigungsarmee im logistischen Bereich massiv sparen musste. Altenpfleger hat sie ohnehin nicht – aushelfen sollten sie im Wolfsburger Hanns-Lilje-Heim, wo bisher 22 Menschen am Virus gestorben sind.In Baden-Württemberg wurden bisher 26 Amtshilfeanträge gestellt, von denen fünf gebilligt wurden und gerade realisiert werden. So sind im St. Josefs-Krankenhaus Freiburg und in der Helios-Klinik in Titisee-Neustadt je sieben Sanitätssoldaten eingesetzt, weitere fünf Bundeswehrangehörige beraten das Sozialministerium etwa bei der Materialbeschaffung. Auch Räume für eine Fieberambulanz in Sigmaringen stellt die Truppe bereit.

Hilfe bei Erstaufnahme von Flüchtlingen erwünscht

Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat die Absicht bekundet, Soldaten beim Betrieb von Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber einzuspannen, um Personalausfälle dort zu kompensieren. Demnach sollen Soldaten bei der Essensausgabe oder in der medizinischen Betreuung einspringen. Mit der Amtshilfe habe man schon in der Flüchtlingskrise 2015 gute Erfahrungen gemacht, sagte Strobl.Sieben Anträge aus dem Südwesten wurden abgelehnt, einer zurückgezogen – 13 werden noch geprüft. So hatte der Landrat des Zollernalbkreises, Günther-Martin Pauli, Beatmungsgeräte erbeten. Mit diesem knappen Gut kann die Bundeswehr, wenngleich sie selbst Krankenhäuser wie das in Ulm betreibt, nicht dienen – weshalb der CDU-Politiker rügte: „Die vollmundig angekündigten Hilfsleistungen sind geplatzt wie eine Seifenblase.“

Ein Landrat übt harsche Kritik

Bis zu diesem Freitag wird eine Corona-Einheit mit 15 000 Soldaten für den Fall der Lageverschärfung aufgestellt. Sie sollen sich bereithalten für die Aufgaben Absicherung und Schutz (5500 Soldaten), Unterstützung der Bevölkerung (6000), Ordnungs- und Verkehrsdienste (600) und Desinfektionsaufgaben (250). Hinzu kommen 2500 Logistiksoldaten mit 500 Lastwagen. Alle werden in den gleichen Bereitschaftsstand versetzt. Vier regionale Führungsstäbe, verteilt auf die drei Teilstreitkräfte, sollen die jeweiligen Aufgaben in West, Ost, Nord und Süd koordinieren. Für Baden-Württemberg wäre der Stab im bayerischen Veitshöchheim als Standort der 10. Panzerdivision zuständig.

Die Bundeswehr sollen die Durchhaltefähigkeit sichern, wenn es für die zivilen Behörden personell eng werden sollte. „Bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall“, so der entscheidende Grundgesetz-Artikel 35, Absatz 2, können die Streitkräfte angefordert werden. Den hochumstrittenen „Einsatz im Innern“ soll es aber nicht geben. Generalinspekteur Eberhard Zorn beschwichtigte vor Tagen: „Es braucht sich keiner Sorgen machen, dass die Bundeswehr Corona-Partys auflöst oder Ausgangsbeschränkungen überwacht.“