Selmin Caliskan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. Foto: dpa

Der Amnesty-Folterbericht 2014 ist erschreckend: Nicht nur, weil allen Appellen zum Trotz in den meisten Ländern der Welt immer noch gefoltert wird. Die Schergen der Macht lassen sich für ihre Methoden auch noch besonders harmlose Namen einfallen.

Der Amnesty-Folterbericht 2014 ist erschreckend: Nicht nur, weil allen Appellen zum Trotz in den meisten Ländern der Welt immer noch gefoltert wird. Die Schergen der Macht lassen sich für ihre Methoden auch noch besonders harmlose Namen einfallen.

Berlin - Die „Taube“, wie freundlich nach Frieden und Freiheit das klingt. Doch der Name täuscht. Die „Taube“ ist eine besonders schlimme Foltermethode aus den Gefängnissen von Nordkorea: Die Hände werden dem Opfer auf den Rücken gebunden, mit Handschellen und den Handflächen nach außen. Dann wird es so an die Wand gekettet, dass es weder sitzen noch stehen kann, sondern in die Knie muss. Die Schmerzen sind schon nach kurzer Zeit kaum noch auszuhalten.

Eines der vielen Beispiele, wie auch im Jahr 2014 auf der Welt immer noch von Staats wegen misshandelt wird. Dem jüngsten Folterbericht von Amnesty International zufolge wird in mehr als der Hälfte der Nationen immer noch gefoltert - aktuell gibt es aus 141 Ländern „glaubwürdige Informationen“. Und, als ob die Sache an sich nicht schon schlimm genug wäre, lassen sich überall die Schergen der Macht für ihre Praktiken auch noch besonders harmlose Namen einfallen.

Wie die „Fledermaus“, die man aus China kennt: Das Opfer wird, wie einer der kleinen Säuger, kopfüber in die Höhe gehängt. Lange hält das niemand aus. Beim „Käfig“ wiederum ist die Zelle so eng, dass der Blutstrom in Arme und Beine abgequetscht wird und die Haut sich braun verfärbt. Fließt das Blut zurück, verursacht das höllische Schmerzen.

Bei der Polizei auf den Philippinen war sogar eine Art „Glücksrad“ in Betrieb, auf das verschiedene Folterpraktiken geschrieben waren. Mit einem Dreh entschieden dann die Folterknechte darüber, auf welche Art und Weise sie ihre Opfer quälten.

Amnesty International startet neue Kampagne

Aus all diesen Anlässen startet Amnesty an diesem Dienstag eine neue Kampagne zur Ächtung der Folter weltweit: „Stop Torture!“ („Stoppt Folter!“) Drei Jahrzehnte nach Verabschiedung der Anti-Folter-Konvention durch die Vereinten Nationen ist die Lage nicht so, dass man zufrieden sein kann. Zwar haben - wie Deutschland seit langem - inzwischen 155 Länder die Vereinbarung ratifiziert. Aber Amnesty zufolge wird auch in „mindestens 79“ dieser Staaten noch gefoltert.

Die Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion, Salmin Çaliskan, meint: „Ein Schutz vor Folter besteht in vielen Ländern nur auf dem Papier. Viele Länder verwenden mehr Energie darauf, Folter zu vertuschen statt sie zu bekämpfen.“ In Staaten wie Nordkorea, Syrien, Mexiko oder Nigeria gehörten Misshandlungen von Häftlingen oder auch nur Verdächtigen zum System.

Zunehmend Sorge bereitet den Menschenrechtlern, dass immer mehr Regierungen versuchen, Folter mit der nationalen Sicherheit zu rechtfertigen - und in der Bevölkerung dafür auch unterstützt werden. Aus einer Umfrage, die Amnesty in 21 Ländern in Auftrag gab, geht hervor, dass zum Beispiel in China drei Viertel der Leute Folter notfalls für gerechtfertigt halten, um an „Informationen zum Schutz der Öffentlichkeit“ zu kommen.

Aber auch in einigen großen Demokratien wird diese Meinung von vielen geteilt. In den USA zum Beispiel fanden 45 Prozent der Befragten, dass Folter unter gewissen Umständen in Ordnung sei. In Deutschland waren es immerhin noch 19 Prozent. In der Bundesrepublik, so viel zum Schluss, wurde in den vergangenen Jahren übrigens kein einziger Fall von Folter bekannt.