Die Besatzungen zweier Streifenwagen rückten an, um den Betrunkenen zu beruhigen. Foto: SDMG

Ein 24-Jähriger ist im vergangenen Sommer betrunken auf Polizisten losgegangen. Nun erhält er eine Bewährungsstrafe von vier Monaten.

Hemmingen/Ludwigsburg - Schläge und Tritte gegen vier Polizeibeamte, Beleidigungen aus der übelsten Schublade, am Streifenwagen einen Spiegel abgeschlagen – mit einem 24 Jahre alten Mann aus Möglingen ist an einem Samstag Anfang Juli 2018 der Gaul durchgegangen. Er war betrunken, hatte während der Übertragung eines Fußball-WM-Spiels mit Bekannten in Hemmingen gezecht und einen Alkoholwert von 1,84 Promille. Dann griff die Polizei den Mann an der Straße beim Golfclub Nippenburg auf – er rastete aus. Dafür wurde er mit vier Monaten Gefängnis auf Bewährung bestraft. Stärker weh tun werden ihm die 1500 Euro, die er zudem bezahlen muss.

Drei Vorstrafen

Sicher, der 24-Jährige gehört nicht zu den Lammfrommen, das besagen seine drei Vorstrafen – die letzte im April 2017, ebenfalls wegen Beleidigung und Widerstands gegen Polizeibeamte. Wegen derselben Delikte stand er jetzt erneut vor dem Amtsgericht in Ludwigsburg. Wie er sich an jenem 7. Juli 2018 morgens kurz vor Vier benommen hatte, das tat ihm dann doch sichtlich leid. Er entschuldigte sich aufrichtig bei allen vier Beamten, die als Zeugen zur Verhandlung kamen. Er habe einen Filmriss gehabt, so Tobi T. (Name geändert), „ich weiß nicht mehr, was passiert ist“.

Irgendjemand müsse K.-o.-Tropfen in sein letztes von etlichen Bieren jenes Abends geschüttet haben. Anders könne er sich das Geschehen nicht erklären, und auch nicht, warum er sich an gar nichts mehr erinnern könne. Seine Mutter, bei der er noch wohnt, holte ihn schließlich auf dem Polizeirevier in Ditzingen ab. Sie habe ihn ins Auto bugsieren müssen, sagte die Frau – die Polizisten hatten dies von der Wache aus anders beobachtet. Nach ihrer Erinnerung rauchten Mutter und Sohn noch eine Zigarette, bevor sie wegfuhren.

Richterin glaubt nicht an KO-Tropfen

Die vier jungen Beamten wurden von der Richterin gelobt – sie hätten einen guten Job gemacht, insbesondere ihr Schichtleiter. An den großen Unbekannten mit den K.-o.-Tropfen habe sie aber nicht geglaubt, sagte die Richterin unserer Redaktion nach der Verhandlung. 1,84 Promille seien „sportlich“, auch wenn der 120-Kilogramm-Mann nach seinen Angaben drei Promille vertrage. An seinem Trinkverhalten müsse er nun arbeiten, gab die Richterin dem Angeklagten mit auf den Weg. Dieses Urteil sei „der letzte Schuss vor den Bug und die letzte Gelegenheit, darüber nachzudenken, was man säuft. Der Alkohol tut ihnen offensichtlich nicht so gut“.

Die Beamten sahen in jener Nacht auf der Straße beim Schloss Nippenburg einen Mann, der, nur im Gegenlicht von Autoscheinwerfern, mit erhobenen Fäusten auf sie zu rannte – auch nach der Aufforderung, er solle stehen bleiben, sonst benutze man Pfefferspray. Weil er weiterlief, bekam er das dann in die Augen. Was ihn nicht hinderte, um sich zu schlagen – obwohl drei Beamte ihn auf der Straße liegend festhielten, um ihm Handschellen anzulegen. Und das, während ihr Gegenüber ständig Beleidigungen übelster Art ausstieß.

Eine Böschung hinabgekugelt

Irgendwie gelang es den Polizisten trotz aller Hektik und aggressiver Atmosphäre, den 24-Jährigen zu beruhigen – nachdem dieser noch eine kleine Böschung hinabgekugelt und von den Beamten wieder hinaufgezogen worden war. Sie riefen auch einen Rettungswagen, dessen Besatzung dem Betrunkenen das Pfefferspray aus den Augen wusch, um die Schmerzen zu stillen. „Er hatte keinen Respekt vor uns“, sagte der Vorgesetzte der Polizisten, „aber er war Herr seiner Sinne und wusste, was er tat.“

Mit den 1500 Euro für ein Kinderhospiz solle er merken, dass es junge Menschen gebe, denen es schlechter gehe als ihm. Er sei clever genug, um sein Leben hinzukriegen, so die Richterin zum Schluss. „Sie machen mir doch einen guten Eindruck.“