Noch ist Altersarmut in Deutschland wenig verbreitet – doch die Angst davor wächst. Foto: dpa

Die Kosten zehren an den Renditen. Verbraucherschützer fordern einen staatlichen Vorsorgefonds als Alternative. Im bestehenden System bietet Riestern aber bei aller Kritik Vorteile – vor allem für Geringverdiener und Familien.

Frankfurt - Viele Riester-Rentenversicherungen sind nach Einschätzung von Verbraucherschützern zu teuer. Nötig sei daher ein öffentlicher Vorsorgefonds, forderte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) am Mittwoch. Der Verband stützt seine Kritik auf eine Analyse klassischer sowie fondsgebundener Riester-Versicherungen von gut einem Dutzend verschiedenen Anbietern. Andere Riester-Verträge wie Bank- oder Fondssparpläne sind in der Studie nicht erfasst.

Die Bundesregierung geht in ihrem Alterssicherungsbericht davon aus, dass bei Riester-Renten zehn Prozent der eingezahlten Beiträge in Verwaltungskosten fließen. Dank einer angenommenen Verzinsung von durchschnittlich vier Prozent pro Jahr – ab 2015 hat Berlin allerdings etwas niedrigere Werte angesetzt – bekommt der Rentner am Ende gleichwohl mehr Geld heraus, als eingezahlt wurde. Das bestreitet auch der vzbv nicht. Seine Analyse spricht aber dafür, dass die Gebühren jedenfalls bei Riester-Versicherungen höher sind als von der Bundesregierung angenommen.

Die Untersuchung stützt sich auf die in den Produktinformationsblättern der Versicherer angegebenen Effektivkosten. Diese zeigen, wie stark die Gebühren auf die jährliche Rendite drücken. Ein Extrembeispiel: Die WWK beziffert die Effektivkosten bei ihrer Riester-Versicherung Premium Förderrente protect auf 2,3 Prozent. Stiege der Wert des eingezahlten Kapitals in einem gegebenen Jahr also um drei Prozent, so bliebe davon netto nur eine Rendite von 0,7 Prozent, wie die WWK selbst schreibt.

„Diese Information müsste eigentlich rot vorne auf den Vertrag aufgedruckt werden“, sagte der vzbv-Experte Lars Gatschke. Bei anderen Anbietern sind die Effektivkosten laut seiner Analyse geringer. Gleichwohl lägen sie in der Mehrzahl deutlich über den Vorstellungen der Bundesregierung, kritisierte Gatschke.

Riestern bleibt für viele Menschen sinnvoll

Auch die Stiftung Warentest kritisierte in einer größer angelegten Untersuchung vom November die Gebühren vieler Riester-Verträge. Gleichwohl kommt sie zu dem Schluss, dass sich Riestern für viele Menschen weiterhin lohne: „Hier gibt es staatliche Zulagen und Steuerersparnisse, die alleine schon für eine gewisse Rendite sorgen“, schreiben die Warentester.

Für Geringverdiener und Familien mit Kindern sei Riestern wegen der Zulagen oft sinnvoll, sagt auch Gatschke. Für andere Arbeitnehmer sei ein Riester-Vertrag allerdings nur wegen der Steuerersparnis interessant – und hier gelte es zu bedenken, dass dafür später auf die Rentenzahlungen Steuern anfielen. Grundsätzlich gehe es dem vzbv aber um einen Fehler im System: „Es kann doch nicht sein, dass ein privates Altersvorsorge-Produkt erst dadurch eine attraktive Rendite erzielt, dass die staatliche Förderung hinzukommt.“

Großbritannien und Schweden als Vorbild?

Der vzbv fordert stattdessen ein „Basisprodukt“ für die kapitalgedeckte Altersvorsorge. Dazu sollte in Trägerschaft der Bundesbank oder einer anderen öffentlichen Einrichtung ein Fonds aufgebaut werden, der keine Gewinnabsichten verfolgt. Die Kosten für die Verwaltung des eingezahlten Kapitals könnten damit begrenzt werden, zumal Abschluss- und Vertriebskosten komplett wegfielen, argumentieren die Verbraucherschützer. Um die Verbreitung der zusätzlichen Altersvorsorge zu erhöhen, sollte bei Arbeitnehmern ein Teil des Gehalts automatisch an den Vorsorgefonds überwiesen werden – sofern sie einverstanden seien.

Für ein ähnliches Konstrukt unter dem Titel „Deutschlandfonds“ wirbt seit einigen Jahren die hessische Landesregierung. Vorbild ist unter anderem Großbritannien, wo 2012 ein öffentlich-rechtlicher Fonds für die betriebliche Altersvorsorge eingerichtet wurde. Er arbeitet in Konkurrenz zu den weiter bestehenden privaten Anbietern. In Schweden sind Arbeitnehmer sogar verpflichtet, zusätzlich zur umlagefinanzierten auch eine kapitalgedeckte Rente aufzubauen. Sie können dabei zwischen einem staatlich verwalteten Fonds und zahlreichen privaten Anbietern wählen.