Abmarsch nach dem Urteil: Für den Sternekoch gab es eine Bewährungsstrafe Foto: dpa

Er ließ sich in Berlin für die Auszeichnung mit einem Michelin-Stern feiern, obwohl das Lokal längst geschlossen war. Der frühere Pächter der Alten Vogtei in Köngen blieb zudem Rechnungen für Inventar und Kochjacken schuldig – jetzt wurde er auf Bewährung verurteilt.

Böblingen/Köngen - Die Erleichterung war am Ende groß: „Der ehemalige Sternekoch wurde nicht zum Gefängniskoch“, sagte der Rechtsanwalt Klaus Werner am Freitag. Nur ein Jahr lang hatte sein Mandant die Alte Vogtei in Köngen (Kreis Esslingen) betrieben und sich in der kurzen Zeit die Auszeichnung des Restaurantführers Michelin erkocht. Doch trotz des Erfolgs konnte Lars Volbrecht Rechnungen nicht bezahlen. Wegen Betrugs sind der 39-Jährige und seine Frau am Amtsgericht Böblingen verurteilt worden. Sie kamen mit Bewährung davon – „gerade noch mal so“, wie die Richterin Lea Wehrle betonte.

Die finanzielle Situation „war desolat“

Fast 90 000 Euro blieben der 39-Jährige und seine Frau dem Vorpächter fürs Inventar schuldig, Kochjacken für mehr als 2800 Euro bestellten sie sowie teure Mobiltelefone. Dabei sei ihre finanzielle Situation „sehr, sehr desolat“ gewesen, sagte die Richterin in der Urteilsbegründung. Eine Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten hielt sie für den Koch für angemessen, für die Partnerin und Mitunternehmerin sind es fünf Monate weniger. Drei Jahre setzte sie die Haftstrafen zur Bewährung aus. Beide haben die Taten zumindest teilweise eingestanden und auch die Schulden teilweise zurückgezahlt. „Ich will mich entschuldigen“, sagte der Koch in dem Prozess. Er sei blauäugig gewesen. Allerdings hat er sich die Urkunde des Guide Michelin in Berlin abgeholt, als das Lokal bereits acht Monate lang geschlossen hatte. Nun sagte er, dass er den Stern zurückgegeben habe: „Ich will mich nicht mehr dahinter verstecken oder mich damit brüsten.“

Schon zweimal wegen Betrugs verurteilt

Im Juli 2017 hatte das Ehepaar das Restaurant in Köngen übernommen. Mit dem Verkauf des elterlichen Hauses wollte Lars Volbrecht die Selbstständigkeit finanzieren. Weil der Besitz mit Schulden belastet war, wurde es jedoch zwangsversteigert. Obwohl er längst davon wusste, übernahm er trotzdem die Ausstattung der Alten Vogtei und orderte die Berufskleidung. Seine 33-jährige Frau bestellte zudem im Namen ihres ehemaligen Lebensgefährten zwei Mobiltelefone für fast 1900 Euro, ohne das Geld zu haben. Anders als ihr Mann, der schon zweimal wegen Betrugs verurteilt worden ist, hat sie aber keine Vorstrafen. Mittlerweile leben beide in der Schweiz. Ein Skilokal haben sie zunächst betrieben, nun ist die Neueröffnung eines Restaurants in Chur geplant. „Wir sind nicht geflüchtet, um uns abzusetzen“, beteuerte Lars Volbrecht.

Schlechte Prognose für die Zukunft

Der Amtsanwalt Tobias Sautter ging mit dem Spitzenkoch streng ins Gericht. Als plumpe und erbärmliche Lügengeschichte bezeichnete er dessen Behauptung, von der Zwangsversteigerung nichts gewusst zu haben. Ehrbare Geschäftsleute hätten den Vertrag mit dem Vorpächter rückgängig gemacht. Der Angeklagte habe dagegen alles dafür getan, zu verschleiern. Seinem Gläubiger schickte er beispielsweise Fotos von Überweisungsträgern, führte sie aber nicht aus. Die Erklärung der Frau, mit der Jackenbestellung nichts zu tun gehabt zu haben, bezeichnete er als fadenscheinige Schutzbehauptung. Er geht sogar davon aus, dass „nur die Spitze des Eisbergs angeklagt“ worden sei. Und seine Prognose für die Zukunft des Ehepaars fiel nicht gut aus: „Die beiden sind wenig einsichtig“, sagte der Amtsanwalt. Wie er erfahren habe, hätten sie sich in der Schweiz offensichtlich „in neue Abenteuer gestürzt“.

Der Anwalt von Lars Volbrecht akzeptierte das Urteil, es wurde damit rechtskräftig. Die Verteidigerin seiner Frau hatte einen Freispruch beantragt.