Der Dickkopfweizen verschwand nach dem Zweiten Weltkrieg von den Feldern. Foto: Ines Rudel

Eine Ausstellung im Freilichtmuseum zeigt, wie eine alte und wertvolle Sorte vom Aussterben bewahrt werden konnte. Das Saatgut wird in der Genbank aufbewahrt.

Beuren - Der Ertrag des Dickkopfweizens liegt um etwa ein Drittel unter dem von Hochzuchtsorten. Wieso sollten Landwirte also diese „alte“ Getreidesorte anbauen und nicht einzig die im Zuge der Industrialisierung gezüchteten und heute dominierenden körnerreichen Sorten?

Das Brot hat einen nussigen Geschmack

Die Antwort auf diese Frage gibt im Freilichtmuseum Beuren die neue Sonderausstellung „Die Dickkopfweizen-Story oder wie man eine alte Sorte rettet“. „Er lässt sich sehr gut ernten, reinigen und verarbeiten. Die Backwaren werden als bekömmlich, gut verdaulich und mit einem nussigen Geschmack charakterisiert“, erfährt der Besucher im Hopfensaal des historischen Bauernschlosses aus Öschelbronn.

Aus schwäbischem Dickkopf-Landweizen hergestelltes Brot schmeckt also gut. Doch dies ist nicht der einzige Grund, warum diese zu der Familie der Gräser gehörende Getreidepflanze gerettet werden soll. „Das genetische Potenzial alter Sorten darf nicht verloren gehen“, ist Jan Sneyd überzeugt. Der ehemalige Professor für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung von Nutzpflanzen an der Hochschule Nürtingen hat sich deshalb um die Erforschung des Dickkopf-Weizens verdient gemacht. Inzwischen werden Körner dieser Sorte wegen ihrer Bedeutung für das Kulturerbe und als wertvoller Bestand des Genreservoirs in den Genbanken Gatersleben und Spitzbergen aufbewahrt. Über diese Banken können Forschungsinstitute und Züchter auf dieses Saatgut zurückgreifen.

Von 1950 an verschwand das Getreide von den Feldern

Die Ausstellung erklärt unter anderem auch die Geschichte des Dickkopfweizens. Die Kreuzung aus Weizen und Dinkel wurde bei uns zwischen 1905 und 1950 angebaut. Dann gerieten die Dickkopfsorten, die zuvor den Dinkel verdrängt hatten, selbst in Bedrängnis. Denn mit der Industrialisierung der Landwirtschaft ging die Züchtung von ertragreichen Sorten einher. „Intensive Düngung, chemischer Pflanzenschutz, modernste Bodenbearbeitungsgeräte und Mähdrescher kommen zum Einsatz“, beschreibt die Ausstellung die zunehmende Technisierung der Landwirtschaft. Das Schicksal des schwäbischen Dickkopf-Landweizens schien damit besiegelt.

Doch damit ist die Story nicht zu Ende. Denn vor sechs Jahren wurde die alte Sorte auf Antrag von Jan Sneyd in die „Rote Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen in Deutschland“ aufgenommen. Zwei Jahre später stufte der Verein Slow Food Deutschland den Weizen als „Arche-Passagier“ ein. Und schließlich wurde der schwäbische Dickopf-Landweizen auf Antrag des Bäckerhauses Veit mit Sitz in Bempflingen vor drei Jahren vom Bundessortenamt zum Anbau als „Erhaltungssorte“ offiziell zugelassen. Somit ist die Basis für eine Renaissance dieser alten Sorte geschaffen.

Im Hopfensaal steht eine Skulptur aus Holz

Neben diesen Informationen bietet die Ausstellung zur Veranschaulichung zahlreiche Exponate wie verschiedene Getreidesorten oder historische Fachbücher. Auch die Mendelschen Regeln werden einem ins Gedächtnis gerufen. Und von dem Künstler Bertram Till ist die Skulptur „Der Dickkopf“ ausgestellt.

Kulturerbe wird bewahrt

Ausbau
Die Kulturlandschaft und unser Kulturerbe sollen noch mehr in den Fokus gerückt werden als bisher. Deshalb baut der Landkreis Esslingen als Träger das Freilichtmuseum Beuren zu einem „Erlebnis- und Genusszentrum für traditionsreiche und regionale Sorten“ aus. Im Mittelpunkt steht dabei die geschichtliche Darstellung der in der Region beheimateten und identitätsstiftenden Gemüse-, Getreide- und Obstsorten und traditioneller Lebensmittel.

Genbanken
Für die Erhaltung alter und seltener Sorten sind Genbanken ungeheuer wichtig. Dort wird pflanzengenetisches Material gesammelt, in Speziallaboren erforscht, dokumentiert und bereitgestellt. So können Samenmuster bei Bedarf wieder vermehrt werden. Die zweitgrößte Genbank weltweit befindet sich in St. Petersburg. Dort wurde die verschollene Späth-Alblinse entdeckt und vor elf Jahren wieder hierher gebracht. Die deutsche Genbank hat ihren Sitz in Gatersleben (Sachsen-Anhalt) und bewahrt mehr als 150 000 Samenmuster von etwa 3200 Arten auf.