Eine Partie am Neckar - gut zu erkennen der Gaskessel im Hintergrund. Die Straße war damals noch ein wenig schmaler. Foto: StN

150 Jahre nach der Eingemeindung zeigen alte Karten und Fotos die Geschichte von Berg.  

Stuttgart - Stuttgart ist nicht am Wasser gebaut. Sondern versteckt im Tal. Aber vor 150 Jahren wuchs es an den Neckar. Als es sich Bad Berg einverleibte. Zum Jubiläum zeigt Jörg Trüdinger alte Karten und Fotos. Quasi mit Wasserzeichen, dem Neckar und den Mineralbäder.

Man sollte halt nichts wegschmeißen. Oder zumindest dafür sorgen, dass es Jörg Trüdinger bekommt. Er verdient sein Geld damit, gebrauchte Sachen zu erwerben und in seinem Laden Such & Find zu verkaufen. Vieles allerdings, was er beim Leerräumen von Häusern findet, wandert in sein Schatzkästlein. Und weil er das schon etliche Jahre tut, hat er sich ein kleines persönliches Stadtmuseum geschaffen. Aus dem er immer wieder Sachen zeigt. So wie jetzt im Restaurant Landhaus im Park der Villa Berg.

In Berg wachte einst eine Burg über den Neckar

Trüdinger wohnt im Osten, er ist dort Bezirksbeirat für die SPD. Da liegt es nahe, dass ihm die Geschichte des Bezirks besonders am Herzen liegt. "150 Jahre Eingemeindung von Bad Berg war ein Grund für mich, mal zu sichten, was ich habe." Gefunden hat er alte Postkarten und Bilder von den Mineralbädern Leuze und Berg, dem Neckar, von der altehrwürdigen Kirche, vom Militärhospital, der Kaserne und der Villa Berg.

Berg, der Name kommt nicht von ungefähr. "Er stammt von dem 40 Meter hohen Felsen über dem Neckar", weiß Trüdinger. Hier wachte einst eine Burg über den Fluss. Die Menschen zog es ans Wasser. Man trank es, es trug die Abfälle fort, es transportierte Waren und arbeitete für einen. Bereits 1304 wird eine Mühle erwähnt. 1663 ließ Herzog Eberhard III. eine Tuchfabrik errichten. Wenig später kam eine Papiermühle hinzu. Auch die Maschinenfabrik Kuhn siedelte sich hier an.

Im Zweiten Weltkrieg wurde Berg schwer getroffen

Auch der Fabrikant Karl Bockshammer wollte in Berg Geld verdienen. Mit einer Baumwollspinnerei. Er bohrte 1830 nach Wasser. Und fand in 45 Meter Tiefe Mineralwasser. 1855 kaufte der königliche Gartenarchitekt Friedrich Neuner das Gelände und baute um. Er eröffnete am 29. Juni 1856 das Stuttgarter Mineral-Bad bei Berg. Noch heute heißt das Bad im Volksmund Neuner nach seinem Erbauer. Er stattete es mit einem 2100 Quadratmeter großen Becken aus, übrigens das erste Schwimmbecken Deutschlands. Und mit 130 Kabinetten zum An- und Auskleiden. Bald wurde auch ein Warm- und Dampfbad gebaut. Ein Glanzstück. Samt Hotel und Kurtheater. Baden durften zunächst nur Männer, Anfang des 20. Jahrhunderts durften auch Frauen kommen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde Berg schwer getroffen, beide Mineralbäder zerstört. Und wieder errichtet. Während das Leuze so viele Freunde wie Gäste hat, hat das Mineralbad Berg mehr Bewunderer als Besucher. Fünf Millionen Liter Mineralwasser fließen täglich durch die Schwimmbecken. Doch den Berger Urquell schätzen immer weniger Leute. Die Familie Plankenhorn betrieb es fünf Generationen lang, ehe es 2006 die Stadt übernahm. Das Konzept lautet seit jeher: Baden im 21 Grad kalten Wasser ist genug der Gaudi. Mehr braucht es nicht.

Einstmals reichte das aus. Dies zeigen die Fotos von Trüdinger eindrucksvoll. Tausende liegen am Beckenrand. Die sind heute im Leuze. Das sich immer wieder neu erfunden hat. Das Bad Berg setzte auf Nostalgie und Patina. Das ist vielen zu wenig. Es braucht Ideen und ein neues Konzept. Das lehrt der Blick in die Vergangenheit.