Bietigheims Handballerinnen feiern den Titel – aber nicht das Double. Foto: Pressefoto Baumann

Die Männer haben in der Region im Mannschaftssport wenig zu bieten – zumindest keine Titel. Im Gegensatz zu den Frauen: Die Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart sind ebenso Meister wie die Handballerinnen aus Bietigheim.

Stuttgart - Frauen an die Macht. Das ist an diesem Wahlwochenende gar nicht so sehr politisch gemeint, wenn selbst im Sport der Weg manchmal ins Rathaus führt. Eine Einladung dorthin haben zuletzt gleich zwei Teams aus der Region erhalten. Die Volleyballerinnen von Allianz MTV – und die Handballerinnen der SG BBM Bietigheim, allerdings weniger wegen des Titelgewinns, sondern wegen der Teilnahme am Final Four im Pokal, in dem die SG am Sonntag mit dem 23:24 (12:13) in vorletzter Sekunde gegen den Dauerrivalen Thüringer HC das Double vergab – wie zuvor schon die Volleyballerinnen. Das ist eine von mehreren Parallelen der beiden Vereine, es gibt aber auch ein paar Unterschiede. Ein Vergleich:

Sport Meister sind beide geworden, das Double wiederum haben beide verpasst. Am Sonntag die SG trotz einer 23:20-Führung, nachdem danach gleich zwei Siebenmeter (Kim Naidzinavicius und Maura Visser) vergeben wurden und THC-Jungstar Emily Bölk zwei Sekunden vor Schluss zum Sieg traf. Unabhängig davon sind die Erfolge keine Eintagsfliegen. Die SG holte vor zwei Jahren (ohne Punkteverlust!) den ersten Titel, Allianz MTV war zuvor viermal Vizemeister und schon dreimal Pokalsieger. Allerdings stellt das Team in Pia Kästner aktuell nur eine Nationalspielerin, während das deutsche Element bei der SG mit gleich vier Nationalspielerinnen stärker ausgeprägt ist.

Seriöse Sponsoren als Basis

Finanzen Beide Clubs haben eine ausgesprochen solide Basis, die geprägt wird durch bekannte Sponsoren wie Allianz und Scharr (Volleyball), und im Handball allen voran Olymp, wobei das persönliche Engagement des Seniorchefs Eberhard Bezner hervorsticht, neben MHP oder Ensinger. Dennoch weiß Geschäftsführer Torsten Nick: „Es ist wichtig, dass wir uns in der Breite noch besser aufstellen – das sorgt für Sicherheit.“ Falls doch mal ein Partner abspringen sollte, um den auf 2,5 Millionen Euro geschätzten Etat zu unterfüttern. Damit ist die SG national allein auf weiter Flur (Verfolger THC kommt etwa auf die Hälfte), während Allianz MTV mit inzwischen 1,7 Millionen Euro vor allem den SSC Palmberg Schwerin, der nächste Saison eine halbe Million mehr stemmen möchte, fürchten muss, so dass auch Sportchefin Kim Renkema betont: „Ein weiterer Großsponsor täte uns gut.“ Die sportlichen Erfolge schaden dabei zumindest nicht bei der Akquise.

Medien Zumal Volleyball noch einen Trumpf in der Hinterhand hat – den Fernsehvertrag mit TV-Sender Sport 1, der dabei besonders auf den weiblichen Charme setzt. Erfolg macht eben sexy? „Nicht nur, ich denke da spielt auch ein bisschen der Hauch von Beachvolleyball mit“, sagt Nick fast etwas neidisch. Von solchen Verhältnissen kann die SG jedenfalls nur träumen. „Wir müssen unsere Sportart einem breiteren Publikum näherbringen. Die Liga ist an dem Thema dran“, sagt Nick, der vorerst darauf setzt, vor allem die wenigen Spitzenspiele besser zu vermarkten. „Wenn wir die sechs, acht Topbegegnungen der Liga in Sport 1 zeigen könnten, wäre das schon ein Schritt nach vorne.“

Liga Denn ein Manko haben beide Sportarten: Die Breite der Liga lässt – vorsichtig ausgedrückt – zu wünschen übrig. Egal ob Volleyball oder Handball: Für den Titel kommen zwei, maximal drei Teams infrage – und daran wird sich kaum etwas ändern. Im Gegenteil. Die VBL verliert mit dem VCO Berlin (der sowieso schon außer Konkurrenz antrat) eine Mannschaft an die zweite Liga. Und im Handball ist es keine Selbstverständlichkeit, dass die Zweitligisten das Aufstiegsrecht wahrnehmen. Das führt auf Dauer zu einer gewissen Langeweile in der Liga. Nachschub ist kaum in Sicht. Im Handball wird Borussia Dortmund seit Jahren als schlafender Riese gehandelt, ist aber auch in dieser Saison als Tabellensiebter eher im Winterschlaf.

„Frauentag“ in Stuttgart?

Zuschauer Dennoch kommt Allianz auf einen Schnitt von knapp 2000, die SG ist mit 1343 Liga-Krösus und hat zuletzt gegen Frisch Auf Göppingen mit 2425 Zuschauern einen Rekord aufgestellt. Zu solch besonderen Spielen zieht die SG deshalb auch in die moderne MHP-Arena nach Ludwigsburg um, das lohnt aber erst bei knapp 2000 Besuchern, „deshalb müssen wir dabei immer die Kosten im Blick haben“ (Nick). Die Krux: Der Verein muss Geld investieren, um Geld zu generieren.

Ausblick Beide Sportarten und Vereine bewegen sich etwa auf Augenhöhe, wie wäre es also mal mit einem Stuttgarter „Frauentag“ – Volleyball meets Handball oder anders rum – in der Porsche-Arena mit ihren 6200 Plätzen. Sowohl Nick als auch MTV-Geschäftsführer Aurel Irion finden es „zumindest eine Überlegung wert“, einziger Haken: Der Auf- und Abbau der beiden Spielflächen benötigt viel Zeit. Doch wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – und der Anfang ist schon gemacht: Die Volleyballerinnen von Allianz MTV warben am Wochenende für sich im Handball-Programmheft des Final 4.