Kann Krystal Rivers (Nr. 13) den Schweriner Block knacken? Foto: Pressefoto Baumann

Zum fünften Mal in Folge stehen die Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart in der Endspielserie um die deutsche Meisterschaft. Nach vier Misserfolgen wollen sie nun endlich den ersten DM-Titel holen.

Stuttgart - Es gibt Serien im Sport, auf die Teams und Vereine stolz sind. Aber auch solche, die sie am liebsten sofort beenden würden. Und dann gibt es überraschenderweise auch Serien, die beides sein können: Glück und Graus. Traum und Trauma. Fest und Frust. Behaupten zumindest die Verantwortlichen von Allianz MTV Stuttgart.

Schon 2015, 2016, 2017 und 2018 standen die Bundesliga-Volleyballerinnen in der Finalserie um die Meisterschaft, viermal haben sie verloren. Erst gegen den Dresdner SC (0:3 und 2:3 Spiele), dann gegen den SSC Schwerin (zweimal 0:3 Spiele). Nun startet das MTV-Team bereits den fünften Anlauf, um endlich den DM-Titel zu holen. Und dennoch hat, wenigstens offiziell, niemand die Sorge, im Falle einer neuerlichen Pleite endgültig als Allianz Vize Stuttgart abgestempelt zu werden. „Es ist doch kein schlechtes Markenzeichen, fünf Jahre lang das zweitbeste Volleyball-Team in Deutschland zu sein“, sagt Geschäftsführer Aurel Irion vor dem ersten von maximal fünf Duellen gegen den SSC Schwerin an diesem Samstag (16.10 Uhr) in der Scharrena, „natürlich will keiner Zweiter werden. Aber ein bisschen Demut schadet auch nicht.“ Und Sportchefin Kim Renkema meint: „Wir sind stolz, zum fünften Mal in Folge das Finale erreicht zu haben – doch es ist unrealistisch, nun zu sagen, der Titel sei ein Muss.“

Keiner will der Favorit sein

Was hinter diesen Aussagen steckt, ist klar: Irion und Renkema versuchen, ihrer Mannschaft den Druck zu nehmen. Und ein bisschen auch sich selbst. Denn sie wissen natürlich zu genau, welche Frage auf sie zukäme, sollte es wieder nicht klappen mit der ersten deutschen Meisterschaft: Kann eine Saison, in der Allianz MTV Stuttgart überraschend im Viertelfinale der Champions League stand und die Bundesliga-Hauptrunde gewann, auch ohne Titel als sportlich erfolgreich abgehakt werden – oder würde die Enttäuschung über zweite Plätze in Meisterschaft und Pokal überwiegen? Die Antwort wäre nicht ganz einfach, zumindest für die unmittelbar Beteiligten. Leichter tut sich da schon Michael Evers.

Der Präsident der Volleyball-Bundesliga ist zugleich Mitglied der Teamleitung beim SSC Schwerin, weshalb er genau beobachtet, was bei Allianz MTV Stuttgart passiert. Und davon ist er durchaus beeindruckt. „Die Mannschaft hat auf oberstem Level gespielt, gerade auch in der Champions League. Da kann ich nur den Hut ziehen“, sagt Evers, „auf jeden Fall stehen die beiden besten deutschen Teams in der Finalserie um die Meisterschaft.“ Wer der Favorit ist? Darüber gibt es unterschiedliche Ansichten.

Die Fähigkeit, auf den Punkt da zu sein und alles abrufen zu können, wenn es zählt, spricht für den SSC Schwerin. Das sagt auch Michael Evers: „Jede Spielerin, die zu uns kommt, weiß, dass es nur um Titel geht. Das wird ihr vom ersten Tag an eingebläut.“ Allerdings wird aus Sicht des Funktionärs die Finalserie nicht zuvorderst durch die Mentalität entschieden. „Ausschlaggebend ist die Qualität im Diagonalangriff, und da hat unser Gegner in Krystal Rivers die Nummer eins“, meint Evers, „die Stuttgarterinnen haben zudem im Gegensatz zum vergangenen Jahr kein Verletzungspech und eine sehr gute Bank. Deshalb sehe ich bei ihnen kleine Vorteile. Es wird sehr schwer für uns, dreimal gegen den MTV zu gewinnen.“ Was umgekehrt allerdings genauso gilt.

Schwerin ist der Angstgegner

Der Titelverteidiger ist der Stuttgarter Angstgegner. 13 der letzten 15 Duelle gingen verloren – allein diese Statistik zeigt, wie schwierig es wird, die Schale zu holen. „Der SSC Schwerin ist der FC Bayern des Frauenvolleyballs“, sagt Renkema, während Irion erklärt: „Unser Gegner ist Rekordmeister, Titelverteidiger, Pokalsieger, hat den größten Etat und macht einen guten Job. Es gibt für uns keine größere Herausforderung.“ Und trotzdem ein paar Punkte, die diesmal für den Dauer-Vizemeister sprechen.

Zuvorderst der Heimvorteil. Vor eigenem Publikum in die Serie zu starten, kann helfen. Und sollte es zu einem entscheidenden fünften Duell kommen, wäre auch dieses in der Scharrena. „Der Heimvorteil ist sehr wichtig“, sagt Sportchefin Renkema, „aber man muss ihn auch nutzen.“ Deshalb darf sich das MTV-Team nicht nur auf Krystal Rivers verlassen. Der Herausforderer muss variabel attackieren, auch über die Mittelblockerinnen und die Außenpositionen. „Der Schlüssel in dieser Finalserie wird die Annahme sein. Wer seine starken Angreiferinnen besser ins Spiel bringen kann, wird sich am Ende durchsetzen“, sagt Kim Renkema, die als Kapitänin und Sportchefin alle vier Vize-Meisterschaften erlebt hat, „von der individuellen Qualität her gibt es keine großen Unterschiede. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir Meister werden können – wenn das Team sein Potenzial abruft.“

Und das am besten schon im ersten Spiel.

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