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Städte warten vergeblich auf das Recht, Saufgelage auf öffentlichen Plätzen zu verbieten.

Stuttgart - Städte wollen es, Polizisten wollen es und die meisten Abgeordneten im Landtag auch: Ein generelles Alkoholverbot an Brennpunkten gilt als geeignetes Instrument, um dort Gelage zu verhindern. Doch die FDP hält die Bürgerrechte hoch, deshalb droht dem Vorhaben jetzt eine Beerdigung dritter Klasse.

Die Aussicht der Städte, örtliche Saufgelage generell verbieten zu dürfen, wird immer geringer. Die dafür notwendige Änderung des Polizeigesetzes ist in Baden-Württembergs CDU-FDP-Koalition schlicht kein Thema mehr. Grund: Die Bündnispartner sind sich nicht einig, wollen aber das Klima damit nicht belasten. Der Streitwert erscheint zu gering.

Zwar sagt der polizeipolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Thomas Blenke: "Wir halten es nach wie vor für sinnvoll, den Städten das Instrument an die Hand zu geben." Die Energie dafür ist jedoch erlahmt, seit Ministerpräsident Stefan Mappus im Frühjahr Verständnis für das Nein der Liberalen gezeigt hat. "Wenn es keine Lösung gibt, ist es auch kein Beinbruch", hatte er erklärt und damit seinem Innenminister Heribert Rech den Wind aus den Segeln genommen.

Seither haben weder Rech noch Blenke die Initiative ergriffen, das Polizeigesetz zu ändern. Das aber wäre notwendig, damit die Kommunen vorsorglich allgemeine Alkoholverbote erlassen dürfen. Freiburg hatte das im vergangenen Jahr getan, war jedoch vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückgepfiffen worden.

Die Liberalen führen hingegen das Argument an, dass nicht jeder, der Alkohol konsumiert, gewalttätig wird. Das müsse vielmehr im Einzelfall beurteilt werden und könne nicht durch eine generelle Regelung im Polizeigesetz ersetzt werden, befanden sie und fixierten diese Meinung offiziell in einem Vorstandsbeschluss. Kurzum: Die FDP sieht in dem Gesetz eine Beschneidung der Bürgerrechte.

Alkoholisierte Jugendliche sind ein Problem

Das bedeutet allerdings nicht, dass sich das Problem in Luft aufgelöst hätte. Mit steigenden Temperaturen nehmen in vielen Kommunen nämlich die Klagen über alkoholisierte Jugendliche an bestimmten Plätzen wieder zu. So haben etwa in der vergangenen Woche die Rathauschefs von zehn Gemeinden in der Rhein-Neckar-Region - darunter die OBs von Leimen und Wiesloch - einen Brief an Rech geschrieben, in dem sie eine bessere Handhabe gegen alkoholisierte Jugendliche fordern.

"Aggressive Anmache, Lärm und Müll beeinträchtigen die Lebensqualität vieler Menschen", sagt auch Manfred Stehle vom Städtetag Baden-Württemberg und fordert ein Ende der Hängepartie. Durch das Alkoholverbot könne man auch Störungen der öffentlichen Sicherheit präventiv verhindern, so der Städtetag, dessen Vorstand sich in dieser Frage einig ist.

Nicht zuletzt hofft auch Freiburg noch immer darauf, im berüchtigten "Bermudadreieck" zwischen Martinstor, Augustinerplatz und Bertoldsbrunnen ein generelles Alkoholverbot aussprechen zu können.

Zwar räumt die Polizeidirektion ein, dass die Beamten in den vergangenen Monaten der Lage auch mit den bestehenden Instrumenten Herr wurden. Dazu zählt etwa der Platzverweis für einzelne Jugendliche "zur Abwehr einer Gefahr oder zur Beseitigung einer Störung" (§ 27a). "Dringend gebraucht hätten wir das allgemeine Alkoholverbot nicht", sagt Sprecher Ulrich Brecht. Schwieriger sei die Arbeit der Polizei allerdings geworden - und der Sommer hat ja gerade erst begonnen.

"Wir wollen dieses Instrument nach wie vor und erwarten, dass das Innenministerium einen Gesetzesentwurf vorlegt", sagt Freiburgs Erster Bürgermeister Otto Neideck. Das Alkoholverbot sei ein wichtiger Bestandteil des umfangreichen Freiburger Präventionspakets.

Vielleicht entschließt sich der Innenminister ja doch noch zu einem Vorstoß, wenn er die Ergebnisse einer Umfrage vorliegen hat. Sein Haus will nämlich von den Polizeidirektionen wissen, wie sie die Lage an der Alkoholfront einschätzen. "Die Umfrage wird gerade ausgewertet", so eine Sprecherin des Ministeriums.