Alexander Kotz macht sich lieber weiterhin als Fraktionschef über Visionen für Stuttgart Gedanken, als unter dem Grünen-OB Fritz Kuhn im Bürgermeisteramt zu arbeiten. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Stuttgarter CDU-Fraktionschef hat sich entschieden. Alexander Kotz will doch nicht den Parteifreund Michael Föll beerben, wenn der Finanzbürgermeister ins Kultusministerium abwandert. Dabei spielte auch der Grünen-OB Fritz Kuhn eine Rolle.

Stuttgart - Der CDU-Fraktionschef im Stuttgarter Rathaus will nun doch nicht im März 2019 auf den Stuhl des Finanz- und Krankenhausbürgermeisters wechseln und oberster OB-Stellvertreter werden. Am Dienstag hat Alexander Kotz (48) den Verzicht auf die Bewerbung um die bisher von Michael Föll (CDU) besetzte Stelle erklärt.

Der Entscheidung um 23 Uhr am Montag seien „fünf schlaflose Nächte“ vorausgegangen, sagte Kotz. Die bedeutende Position habe ihn zwar gereizt, der Wechsel würde aber „zur Unzeit“ kommen. Dass Föll so bald weggehen und im März eine neue Stelle im Kultusministerium antreten will, habeauch die CDU überrascht.

Im Moment, sagte Kotz, könnte er sich nur bei Inkaufnahme erheblicher Risiken aus der operativen Führung seines von der Familie übernommenen Handwerksbetriebs verabschieden. Zudem sei er von den CDU-Mitgliedern gerade mit 93 Prozent Zustimmung als Spitzenkandidat für die Gemeinderatswahl am 26. Mai gewählt worden. Er habe versprochen, sich in den Wahlkampf zu werfen. „Das wirft man nicht einfach mal weg wegen einer beruflichen Umorientierung“, sagte Kotz, der am Dienstag wenige Stunden nach seiner Pressekonferenz wieder zur Wahl des Kreishandwerksmeisters antrat. In ein bis zwei Jahren könne es, was den Zeitpunkt für einen Wechsel anginge, wieder günstiger aussehen, sagte Kotz. Ob für ihn später auch eine andere Stelle in Frage kommen könnte, ließ er offen. Auch bei der Frage, ob er sich nun die OB-Kandidatur im Jahr 2020 vornehme, legte er sich nicht fest.

Der Fraktionschef will Gegner noch stärker stellen

Divese Ratgeber in seiner Partei hätten ihm die Stelle des Finanzbürgermeisers zugetraut und den Wechsel begrüßt, sagte Kotz. Er und OB Fritz Kuhn (Grüne) hätten sich menschlich-persönlich eine Zusammenarbeit durchaus vorstellen können. Doch bei den politischen Inhalten, sagte Kotz, wären sicherlich Differenzen zu erwarten gewesen. Im Grunde habe er seit dem Ende seiner Ausbildung im Handwerk keinen Chef mehr gehabt – „wenn ich das aufgebe, sollte der Chef nicht Fritz Kuhn sein“. Er wolle unter diesem OB nicht zur Stärkung der Verwaltung beitragen, sondern werde lieber seine gewohnte Rolle weiter wahrnehmen, den OB und die politische Konkurrenz im Zeichen des Wahlkampfs sogar noch stärker zu stellen versuchen. Im Fraktionsvorsitz, den er auch nach der Gemeinderatswahl wieder übernehmen würde, könne er sich außerdem ganzheitlicher um Visionen für Stuttgart kümmern als auf einer Bürgermeisterstelle, sei sie auch noch so bedeutend.

Dass er doch Angst vor dem Amt gehabt haben könnte, in dem er sofort die nächsten Haushaltsberatungen vorbereiten und die Verwantwortung für das skandalumwitterte Klinikum übernehmen müsste, ließ Kotz nicht stehen: „Ich hätte Respekt vor den Aufgaben gehabt, aber keine Angst.“

Grüne halten Kotz „polemisierende Aussagen“ vor

Grünen-Fraktionschef Andreas Winter reagierte umgehend auf die neue Lage: Sich gegen so ein Amt und für das Familienunternehmen zu entscheiden, verdiene Respekt. Kotz sei zuletzt aber auch durch polemisierende Aussagen aufgefallen. „Er hat wohl auch gemerkt, dass dieser Stil nicht mit einem Bürgermeisteramt in Einklang zu bringen wäre.“ Winter zog zudem das CDU-Vorschlagsrecht für den Posten in Zweifel. Durch die Kommunalwahl könnten sich die Verhältnisse im Rathaus ändern.

Das ist vielleicht auch ein Grund dafür, weshalb die CDU eine schnelle Wiederbesetzung anstrebt. Kotz möchte „ in enger Absprache mit der Kreispartei zeitnah einen dem Amt angemessenen Personalvorschlag machen“. Ziel sei es, dass die Stelle nahtlos besetzt bleibe, wenn Föll Ende Februar gehe. In der Fraktion erkenne er keinen anderen Anwärter, aber in der CDU Stuttgart oder „in angrenzenden Bereichen“ werde man sicherlich fündig. Eine Teilung des Referats in zwei Stellen, wie von SÖS/Linke-plus gefordert, lehnte Kotz ab: „Eine achte Bürgermeisterstelle zu schaffen, würde nicht im gesellschaftlichen Trend liegen und die Ära Föll überhöhen.“ Mit dem OB hat er zwar besprochen, dass man sich die Abgrenzung der Referate noch einmal anschauen könne, sagte Kotz, er rechne im Moment aber nicht mit Verschiebungen. Auch das Klinikum, erst vor kurzem zu Fölls Referat geschlagen, verschiebe man besser nicht schon wieder. Kotz machte deutlich, dass ein von außen kommender Föll-Nachfolger nicht zwingend auch die Funktion des Ersten Bürgermeisters und ersten OB-Stellvertreters ausüben müsse, wie es bei Michael Föll der Fall war. Diese Funktion müsse aber bei der CDU bleiben, die mit Martin Schairer und Fabian Mayer noch zwei Bürgermeister im Stuttgarter Rathaus stellt. Dieser Anspruch sei unstrittig, meinte Kotz.

Der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann zeigte sich auch zuversichtlich, was eine andere Lösung für die Stellenbesetzung angeht. Die Entscheidung von Kotz bedauerte und respektierte er.