Jugendliche Bewohner von Scout haben familiäre Geborgenheit meist nicht erlebt. Foto: Gottfried Stoppel

Die Jugendlichen, die bei Scout leben, haben harte Jahre hinter sich. Die Sozialpädagogen eröffnen ihnen Wege, die den Schützlingen bisher nicht erschlossen wurden.

Stuttgart - Wer zu Scout kommt, ist nicht freiwillig hier. Insofern spricht die Körperhaltung der Jungs Bände. Sie haben Unterrichtspause und schwanken zwischen neugierigen Blicken auf den Besuch und provokantem Wegsehen. Wer hier oben am Löwentor, einer Einrichtung der Evangelischen Gesellschaft, in die Schule geht, für den haben entweder die Eltern die Unterbringung in der geschlossenen Jugendhilfeeinrichtung erwirkt, oder aber das Jugendamt hat das Familiengericht bemüht. „Nach uns kommt nur noch die Straße, die Psychiatrie oder der Knast“, sagt Jochen Salvasohn, der pädagogische Leiter bei Scout.

Zu Scout kommt keiner freiwillig

Scout ist ausschließlich für Jungs zwischen zwölf und 17 Jahren eingerichtet worden. Zwölf Plätze in zwei Wohngruppen und eine Schule gibt es für sie. „Es sind Täter, aber auch Opfer ihrer Biografie“, sagt Salvasohn, „sie haben von ihren Eltern keine Nähe, keine Zeit und keine Aufmerksamkeit bekommen.“ Die Jugendlichen würden unterschiedlich darauf reagieren, manche mit Gewalt, andere mit Straftaten, mit Drogenkonsum oder Prostitution. Wieder andere würden sich in ihrem Zimmer vorm PC einkapseln, um nicht in Versuchung zu kommen, draußen Dummheiten zu machen. „Wenn sie zu uns kommen, tun sie das nicht freiwillig, haben natürlich gar keinen Bock darauf. Sie empfinden sich als eingesperrt. Unsere Aufgabe ist es, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen, ihnen zuzuhören, ihr Anliegen zu erkennen und ihnen Respekt entgegenzubringen“, führt der pädagogische Leiter aus.

Andererseits müssen die Betreuer enge Grenzen und Regeln setzen. Rund um die Uhr wird Aufsicht geführt, das Verhalten der Bewohner werde jeden Tag anhand von 16 Kriterien überprüft und bewertet: Ist der Junge selbstständig aus dem Bett gekommen? Hat er am Frühstück teilgenommen? Nimmt er an Pflichtprogrammen teil? Und wie geht er mit den anderen um? Als Erfolg bewerten die Sozialarbeiter und Pädagogen, „wenn uns die Jugendlichen als Gesprächspartner erst nehmen, uns aus eigenen Stücken etwas von sich erzählen und uns auch mal nach Rat fragen“.

Mitarbeiter bieten Alternativen an

Ein normaler Schulbesuch ist unter diesen Umständen nicht möglich, deshalb werden sie im Haus unterrichtet, die meisten legen den Hauptschulabschluss ab. „Etliche waren früher in einem Sportverein und finden über unsere Projekte wieder Spaß daran“, sagt Stephanie Erhardt von Scout. Man biete „attraktive Alternativen zu ihren bisherigen Verhaltensweisen“.

Die Jungs bleiben zwölf bis 18 Monate in der Einrichtung, und falls sie nicht nach Hause zurückkehren können, hält Scout auch sechs Plätze im betreuten Jugendwohnen bereit.

Mitarbeiter Dominique Schlobach hat nun die Wiederbelebung des alten Clubraums initiiert, er möchte den Jungs in der Einrichtung einen Ort geben, „an dem sie sich zurückziehen und mit sich selbst beschäftigen können“, sagt er. Weil das Gebäude nur gemietet ist, dürfen die Sichtbetonwände nicht mit Graffiti besprüht werden. Stattdessen wollen die Jungs Leinwände bemalen und sie aufhängen, ansprechende Beleuchtung anbringen, „auch mal Handyfilme schneiden und anschauen“, sagt Schlobach. Dabei hilft die Aktion Weihnachten.