Das Islandpferd Prenna ist Mikaels Lieblingspferd. Foto:  

Der kleine Mikael hat eine schwere Behinderung. Weil er viel schreit, sind die Eltern Anfeindungen ausgesetzt. Der Umgang mit ihm sei „extrem kräftezehrend“, berichtet auch eine Lehrerin. Reittherapie hilft ihm, zur Ruhe zu kommen.

Prenna hat magische Kräfte. Zumindest wirkt es so beim kleinen Mikael. Wenn der Achtjährige auf dem Rücken des Islandpferdes sitzt, ist er wie verwandelt. So beschreiben es seine Eltern – und so beschreibt es auch seine Reittherapeutin Sarah Klotz. Die weiß noch, wie skeptisch sie bei der ersten Therapiestunde war: „Ich glaube nicht, dass das etwas wird“, habe sie da gedacht. Anfangs weigerte sich der Junge, auf dem Pferd sitzen zu bleiben. „Er wollte immer sofort absteigen.“ Das ist Vergangenheit. Sobald Mikael auf dem Pferd sitze, erzählt auch seine Mutter, werde er ganz ruhig. Und auch sie kann in dieser Zeit durchatmen. Und wenn es nur 30 Minuten sind.

Sie liebe ihr jüngstes Kind über alles, sagt Frau G. Sein Lachen und seine Lebensfreude gingen direkt ins Herz. Aber Mikael ist auch ein extrem forderndes Kind. Er ist seh-, hör-, und stark kognitiv behindert. Er kann nicht sprechen oder seine Bedürfnisse äußern. Er versuche, das auf eine Art zu kompensieren, die für sein Umfeld „sehr belastend und kräftezehrend“ sei. So drückt es eine Lehrerin von Mikaels Schule aus. Der Achtjährige fordere „von seinem Gegenüber permanente Aufmerksamkeit“ ein, schreie viel und werfe mit Gegenständen. Er sei selbst- und fremdaggressiv, so die Pädagogin.

Die ersten drei Lebensmonate lag er im Koma

„Was unser Kind hat? Er ist ein Unikat“, sagt Mikaels Mutter. Als sie schwanger war, ahnte sie nicht, dass ihr Baby einen Herzfehler hat. Sie entband, wo sie schon ihre ersten beiden Kinder entbunden hatte: in einer kleinen, hebammenbetreuten Geburtsklinik. Als klar war, dass das Neugeborene ärztliche Hilfe braucht, war es Mitternacht. Mikael kam mit Blaulicht in eine Kinderklinik in der Region. Sie blieb allein zurück, musste auf ihre Entlassung warten. Als sie endlich bei ihrem Baby war, fand sie dieses „voll verkabelt“ vor. „Er wird sterben“, habe ein Arzt gesagt. Zusätzlichen Sauerstoff bekam Mikael fatalerweise nicht. Die Eltern erreichten die Verlegung nach Stuttgart – doch sieben folgenschwere Stunden waren vergangen. „Er hatte Organversagen und lag drei Monate im künstlichen Koma“, sagt Frau G. Sie war jeden Tag an seiner Seite. Das Krankenhaus gehört seither zu ihrem Familienalltag.

Für eine der folgenden Operationen – Mikael war drei Jahre alt – fuhr die Familie ins Ruhrgebiet. Die OP verlief gut, die Nachsorge nicht. „Den letzten Schub seiner geistigen Behinderung hat er dort bekommen“, sagt Frau G. Vor dem Klinikaufenthalt konnte er Silben sprechen – seither nicht mehr. Weil er so viel schreit, versucht sie, Menschen zu meiden, wenn sie mit ihm draußen ist. „Ich gehe Felder entlang“, erklärt sie. Doch immer wieder passiere es, dass sie beschimpft werde wegen Mikaels Schreiattacken. Oder weil er es liebt, Türen laut zu schlagen. Ein Mann habe gemeint, „wir sollen unser Kind abgeben“. Sie traue sich nicht mehr, mit Mikael mit der Bahn zu fahren.

Die Ruhe des Pferdes scheint sich auf den Jungen zu übertragen

Umso wertvoller empfindet Frau G. die Zeit auf dem Reiterhof, der für sie ein Raum der Teilhabe ist. „Er braucht auch etwas, was ihm guttut“, sagt sie. Dass er etwas macht, womit er nicht negativ auffällt. Denn Mikael, der auch eine Autismus-Störung hat, wolle doch nur eines: sich selbst wahrnehmen. Wenn sie ihn sieht, wie er Prenna streichelt, erfüllt sie das mit Freude. „Er ist so entspannt und gelassen“, sagt die 42-Jährige. Die Ruhe des Pferdes scheint sich auf ihn zu übertragen. Seine Lehrerin meint, dass Mikael für ihn neue, alternative Verhaltensmuster erlebe.

Doch die Reittherapie, die die Krankenkasse nicht übernimmt, ist für die Familie auf Dauer nicht zu finanzieren. Frau G. kann seit Mikaels Geburt nicht mehr als Bäckereifachverkäuferin arbeiten. Herr G. ist Alleinverdiener der fünfköpfigen Familie. Er ist selbstständig in einer Branche tätig, die aktuell sehr unter Druck ist. Das Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum, das Mikael besucht, sieht den Fortgang dieser Art der Förderung als sehr wichtig an und hat deshalb einen Antrag bei der Aktion Weihnachten gestellt. Wir wollen die Therapie weiter ermöglichen.

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