Artist in Residence am Stuttgarter Ballett: Roman Novitzky Foto: Roman Novitzky

Fast schon Tradition für die Aktion Weihnachten ist der Verkauf von Ballettfotografien. Auch in diesem Jahr stellt Roman Novitzky Fotos zur Verfügung und erklärt im Interview seine Auswahl.

Hinter Roman Novitzky liegt ein herausforderndes Jahr. Der ehemalige Solist des Stuttgarter Balletts, der zum zweiten Mal Vater wurde, hat seine Tänzerkarriere aufgegeben, um sich ganz aufs Fotografieren und Choreografieren zu konzentrieren.

Herr Novitzky, wie war Ihr erstes Jahr als Artist in Residence des Stuttgarter Balletts?

Diese Position wurde für mich geschaffen und angepasst – ein Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist. Ich spreche immer noch regelmäßig mit Tamas Detrich darüber, was das richtige Gleichgewicht sein könnte. Deshalb fühlte sich das erste Jahr als Artist in Residence sehr neu, frisch, geschäftig an, ein bisschen chaotisch, auch ein bisschen beängstigend, aber auf jeden Fall aufregend.

Wie kommen Sie mit den vielen Veränderungen klar?

Ich versuche noch herauszufinden, was diese neue Position für mich und meinen beruflichen Weg bedeutet. Ich muss ja auch eine neue Identität finden, denn ich bin kein vollwertiger Tänzer mehr. Aber ich hatte auch nicht so viel Zeit zum Nachdenken, weil ich mich in neue Projekte und Organisationen gestürzt habe und ein bisschen Büroarbeit und Kommunikation gelernt habe. Aber es war meine Entscheidung und ich fühle mich dankbar, privilegiert und glücklich, dass ich so weitermachen kann.

Wie sieht diese Arbeit konkret aus?

Ich habe bereits als Tänzer fotografiert und mit Video experimentiert. Schon da war ich einer der offiziellen Fotografen des Stuttgarter Balletts. Jetzt wurde alles offiziell und zum Schwerpunkt meiner Arbeit. Ich konzentriere mich ganz auf die Foto-/Videoarbeit und zwar in viel größerem Maßstab. Ich bringe auch neue Ideen ein und versuche, ein Bild vom Stuttgarter Ballett zu schaffen. Es umfasst nicht nur Proben- und Aufführungsfotos, sondern auch viele andere Projekte, die vielleicht nicht so sichtbar sind.

Zum Beispiel?

Dazu gehören Arbeiten für Theatermagazine, Porträts, Fotoshootings für Plakate und Werbung, Filmen, Schneiden und Bearbeiten von Videos. Dazu kommt die ganze Archivierung, Kommunikation, der Austausch von Ideen und Konzepten, die Planung sowie spontane kleinere Projekte. Das ist schon eine ganze Menge – und ich habe noch Ideen und Projekte im Kopf, die warten müssen, weil keine Zeit ist. Es ist eine kreative Arbeit und ich spüre ein gewisses Maß an Freiheit und Vertrauen in diese Kreativität, was ein schönes Gefühl bei der Arbeit ist. Mein Ziel ist es, etwas Neues für das Stuttgarter Ballett zu entwickeln, aber das erfordert auch Zeit, harte Arbeit und Geduld.

Sie haben in Toronto den Erik-Bruhn-Preis für die beste zeitgenössische Choreografie gewonnen. Was bedeutet Ihnen das?

Eigentlich bin ich kein Wettkampfmensch und war es auch nie. Aber es gab mir Hoffnung, Antrieb und Zuversicht, in Zeiten der Unsicherheit wirklich meinen Instinkten zu vertrauen und ihnen zu folgen. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt ein schwieriges Jahr – auch privat und beruflich – hinter mir und es hat mir einfach gut getan und mein Selbstvertrauen zurückgebracht.

Sie unterstützen die Aktion Weihnachten erneut mit Fotos des Stuttgarter Balletts und der John-Cranko-Schule. Vielen Dank dafür. Nach welchen Kriterien haben Sie die Motive ausgewählt?

Meine Auswahl hängt immer ein wenig vom Projekt und dem Verwendungszweck der Fotos ab. In diesem Fall weiß ich, dass die Leute sie wahrscheinlich zu Hause an die Wand hängen. Aber zuerst muss mir das Foto etwas sagen. Es muss mich ansprechen und Emotionen, Atmosphäre, eine interessante Komposition haben. Ich versuche auch, das Formate und Motive zu variieren, damit die Käufer mehr Auswahl haben. Letztendlich repräsentieren die Fotos und ihre Auswahl auch mich als Fotografen.

Wie gelingt es Ihnen, den perfekten Moment im Bild festzuhalten?

Da stellt sich die Frage ist, was der perfekte Moment ist... Natürlich gibt es eine ideale Pose, besonders im Ballett, den Supersplit, wenn alles gestreckt und schön ist. Mit der heutigen Technologie ist das gar nicht mehr so schwer einzufangen. Für mich geht es beim perfekten Moment mehr um Gefühle, Atmosphäre, den richtigen Blickwinkel und eine gute Komposition. Auch Unvollkommenheit kann perfekt sein. Das alles ist für mich wertvoll. Aber natürlich sind die im herkömmlichen Sinn perfekten Bilder gefragter.

Wie sehen Ihre Pläne für 2024 aus?

Ich möchte meine Position als Artist in Residence weiterentwickeln. Zudem arbeite ich an einer neuen Choreografie, die im Juni uraufgeführt wird. Für mich ist das eine große Herausforderung, im Opernhaus mit Orchester ein längeres Stück vorzubereiten. Ich will auch mein Zeitmanagement verbessern und eine bessere Balance zwischen Arbeit und Privatleben zu finden. Nach der Saison würde ich gern einen schönen Urlaub mit meiner Familie genießen, denn wir sind wegen der Geburt unseres zweiten Sohns Julian den ganzen letzten Sommer zu Hause geblieben. Und ich lasse etwas Raum für unerwartete Dinge, die mir das Jahr 2024 bringen wird. Mal sehen ...

Info

Künstler
Der in Bratislava (Slowakei) geborene Roman Novitzky erhielt von 1995 an seine Ausbildung am dortigen Ballettkonservatorium. Es folgte ein Engagement