Frau U. muss jeden Cent umdrehen. Sie stottert die Schulden ihres Mannes ab. Foto: dpa

Frau U. hat ein schweres Schicksal. Sie leidet, wie zwei ihrer drei Kinder, an der Glasknochenkrankheit. Vor fünf Jahren hat sich ihr Mann umgebracht. Sie vermisst ihn sehr.

Stuttgart - Jedes Mal, wenn es bei Frau U. an der Tür klingelt, überkommt sie ein Gefühl der Angst. Sie ist traumatisiert. Ihr Mann hat sich vor fünf Jahren in seinem Ladengeschäft das Leben genommen. Die Polizei klingelte damals zusammen mit einem Seelsorger bei ihr, um ihr die schreckliche Nachricht zu überbringen. Frau U. kann es immer noch nicht fassen, dass ihr Mann nicht mehr lebt. „Das ist eine Wunde, die nie heilen wird“, sagt sie. Immer wieder bricht sie während des Gesprächs in Tränen aus.

Am Tag vor dem Suizid sei er noch mit den drei Kindern schwimmen gegangen, erzählt die 48-Jährige. Ihre Tochter weigere sich seither, das Schwimmbad zu betreten. Auch Bohnen, die es damals geben sollte, dürfen nicht mehr auf den Tisch kommen. Frau U. selbst hatte zeitweilig den Appetit komplett verloren. Sie wog nur noch 39 Kilogramm bei einer Größe von 1,52 Metern.

Manchmal fühlt sie sich im Stich gelassen

Dabei weiß Frau U., dass sie auf ihren Körper acht geben muss. Sie hat die Glasknochenkrankheit, ihre Knochen sind leicht zerbrechlich. Ihr älterer Sohn und die Tochter haben die Krankheit geerbt. Immerhin, sie hätten alle drei eine relativ leichte Form. Am stärksten sei die inzwischen 18-jährige Tochter betroffen. Sie musste als Kleinkind mehrfach operiert werden.

„Ich bin so froh, dass ich meine Kinder habe“, sagt Frau U. – und sie ist stolz, dass alle drei trotz der Trauer und der Belastungen nicht abgerutscht sind. Die beiden Söhne, sie sind 25 und 21 Jahre alt, machen beide eine Ausbildung, die Tochter geht noch zur Schule. Alle leben noch bei ihr. Manchmal, räumt sie ein, fühle sie sich von ihrem Mann im Stich gelassen. Er hat ihr keinen Abschiedsbrief geschrieben. Und er hat einen Berg an Schulden hinterlassen. Der Laden war ein Minusgeschäft gewesen.

Frau U. sagt, sie habe immer gearbeitet. „Ich will meinen Kindern ein Vorbild sein.“ Zeitweise hatte sie drei geringfügige Beschäftigungen, um die Schulden abzustottern. Mittlerweile sind es wieder zwei Jobs. „Ich arbeite, soviel ich körperlich kann.“ Sie putzt trotz ihrer Belastungen abends in einem Kindergarten, tagsüber betreut sie alte Menschen, geht für sie oder mit ihnen einkaufen. „Das gibt mir viel, ich helfe sehr gerne“, sagt sie.

Antrag auf Wohngeld ist gestellt

In diesem Sommer jedoch ließen sich die letzten Gläubiger nicht mehr vertrösten. Die Witwe zahlte die verbliebenen Schulden ab, hatte dadurch jedoch zwei Monate lang kein Geld für die Miete. Weil der Vermieter mit der Kündigung drohte, suchte sie die Schuldnerberatung auf. Dort half man ihr unter anderem, einen Antrag auf Wohngeld zu stellen und die Wohnungsräumung zu verhindern.

Doch nun soll die Familie auch noch 760 Euro Heizkosten nachzahlen. Es wird gerade geklärt, ob eine fehlerhafte Heizungsmodernisierung dafür verantwortlich ist, Frau U. hat den Mieterverein eingeschaltet. Die Klärung kann aber dauern. Inklusive der Ausbildungsvergütung der Kinder bleiben der Familie momentan 1200 Euro für vier Personen zum Leben. Die Aktion Weihnachten will die Mietschulden und die Nachzahlung übernehmen, um der belasteten Familie zumindest diese Sorge zu nehmen.