Mit ihrer Verpackaktion wollten Anwohner Parksündern zeigen, dass sie andere Menschen behindern und gefährden. Foto: Radfahren in Stuttgart

Für ihre nächtliche Verpackaktion im Stuttgarter Süden erntet eine Anwohnerinitiative Zuspruch – auch von öffentlicher Seite. Mit der Aktion wollten sie die Parksünder darauf aufmerksam machen, dass diese andere Menschen behindern und gefährden.

S-Süd - Wer sein Auto am vergangenen Sonntag im Stuttgarter Süden auf dem Gehweg oder in einer Kurve abgestellt hatte, hatte gute Chancen, es am Montagmorgen in Plastikfolie und Absperrband weihnachtlich verpackt vorzufinden. Wenig festlich dagegen die Botschaft auf den Schildern an den Scheiben: „Kannste so parken, ist dann halt scheisse!“

Mit ihrer Aktion haben Anwohner in einer nächtlichen Aktion auf die zahlreichen Falschparker aufmerksam machen wollen und überregional für Schlagzeilen gesorgt. Joachim Elser, Chef der Verkehrsüberwachung, zeigt Verständnis für die Aktion und appelliert an die Falschparker, nicht nur an sich, sondern auch an die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu denken. Und er findet deutliche Worte: „Mit einem Bewohnerparkausweis erkauft man sich das Privileg, parken zu dürfen, nicht aber den Anspruch darauf.“

Gefährlicher Weg zur Kita

Dass ihre Aktion deutschlandweit in überregionalen Medien für Furore sorgen würde, damit hätten die Aktivisten nicht gerechnet. „Das ist großartig“, sagt eine beteiligte Anwohnerin. Ihre Namen möchten die Aktivisten nicht in der Zeitung lesen, doch über ihre Absichten geben sie gerne Auskunft. Es gehe nicht darum, Leuten zu verbieten, ein Auto zu haben. „Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Parken auf unerlaubten Flächen Leute behindert und gefährdet“, sagt die Frau. Mittlerweile seien Anwohner wegen der Wildparker nicht nur genervt, sondern verzweifelt. „Wir wollten mit der Aktion auch auf politischer Ebene ein Statement setzen“, sagt die Anwohnerin. Die Bemühungen des Ordnungsamtes sehe man schon, doch laut den Aktivisten reichen diese nicht. Und Falschparker auf ihr Fehlverhalten anzusprechen, bringe im seltensten Fall etwas. „Wenn einer schon viermal ums Karree gefahren ist, dann bekomme ich zur Antwort, dass ihm oder ihr das egal sei“, sagt sie.

Einer, der die Problematik bereits öffentlich gemacht hat, ist Florian Rzepkowski. Mit seiner fünfjährigen Tochter lebt er im Lehenviertel. Im November hatte er auf Twitter einen offenen Brief an die Stadt veröffentlicht, in dem er auf zugeparkte Gehwege und Kreuzungen und die daraus resultierenden Gefahren für Fußgänger und Radfahrer hinweist. „Meine Intention ist daraus entstanden, dass meine Tochter agiler wurde und auch mal alleine mit dem Rad oder zu Fuß zur Kita oder zum Bäcker dürfen sollte“, sagt er. Es sei oft unmöglich, die Straßensituation einzusehen oder zwischen den Autos durchzukommen.

„Es herrscht ein hohes Maß an Bequemlichkeit“

Auf seine Bitte, sich der Problematik stärker anzunehmen, habe lediglich die Stadträtin Christine Lehmann reagiert. „Sie hat mir ein Gespräch angeboten, das hoffentlich Anfang des kommenden Jahres stattfindet“, sagt er. Rzepkowski wünscht sich, dass die Stadt mehr unternimmt. „Wie wäre es mit einem Aktionstag, an dem alle Falschparker abgeschleppt werden oder eine Aufmerksamkeitskampagne, wie es sie gegen Diebstahl gibt?“, sagt er.

Brennpunkte schwerpunktmäßig zu kontrollieren und mehr abzuschleppen, wird laut dem Leiter der städtischen Verkehrsüberwachung Joachim Elser 2018 wahrscheinlich. Dann geht die Zuständigkeit für den Vollzug des Abschleppens auf seine Behörde über. Er sieht seine Aufgabe aber auch darin, das Miteinander zu fördern. Tagsüber habe das Parkraummanagemt zu Entspannung geführt, am Abend sehe das anders aus. „Wir erleben tagtäglich, dass ein hohes Maß an Bequemlichkeit herrscht. Mit einem Bewohnerparkausweis erkauft man sich das Privileg, parken zu dürfen, nicht aber den Anspruch darauf“, sagt er. Die Verpackaktion bewertet er als „kreative Möglichkeit, die Bewohner auf ihr Verhalten hinzuweisen“. Mit 850 000 Verwarnungen und mehr als 2000 abgeschleppten Autos habe die Stadt schon viel getan. Eine totale Überwachung könne jedoch nicht die Lösung sein.