Noch immer eine Baustelle: Hauptstadtflughafen Foto: dpa

Schlampige Planung beim Hauptstadtflughafen: Im Check-in-Bereich ist zu wenig Platz.

Berlin - Großzügig wirkt das Empfangsgebäude des neuen Hauptstadtflughafens, es ist lichtdurchflutet. Unter der Decke hängt eine Installation, die entfernt an eine Wolke im rotlodernden Abendlicht erinnert. Die Furniere der insgesamt 94 Check-In-Schalter sind in einem warmen Braunton gehalten, der Fußboden ist aus Marmor.

Schön ist er, der Flughafen, dessen Eröffnung letzte Woche auf zunächst unbefristete Zeit verschoben werden musste. Nur funktionieren muss er auch. Und daran hapert es. Nach Informationen unserer Zeitung hakt es nicht nur am Brandschutz, der offiziell der Grund für den verpatzten Start war, sondern auch bei den Passagierkontrollen.

Die Betreiber sind besonders stolz darauf, dass der Flughafen „Willy Brandt“ ein Flughafen der kurzen Wege ist. Vom Schalter, an dem der Passagier eincheckt, kann er schon die Passagierkontrolle sehen. An 30 so genannten Kontrollspuren wird das Handgepäck geröntgt, werden die Fluggäste durch die Torsonden gelotst, die auf metallische Gegenstände hinweisen. Das Versprechen war: Hier muss der Fluggast nicht lange Strecken marschieren, hier wird zentral und hoch effizient kontrolliert.

Menschenschlangen vor der Passagierkontrolle

Von wegen. Die Wege zwischen Check-in und Passagierkontrolle sind so kurz, dass es keinen Raum für Menschenschlangen gibt. Am Flughafen in Frankfurt etwa wird kalkuliert, dass die Fluggäste bei viel Verkehr 20 Minuten Zeit für die Passagierkontrolle mitbringen müssen. Jeder, der schon einmal geflogen ist, weiß: Die Anstehenden werden von mobilen Absperrbändern zum disziplinierten Schlangestehen angehalten.

Bei „Willy Brandt“ würde so etwas nicht funktionieren. Schlampige Planung ist der Grund. Hier würden Menschenschlangen vor der Passagierkontrolle schnell chaotische Zustände in der Flughafenhalle auslösen. Wegen der räumlichen Enge würden sich die Schlangen vor den Check-In-Schaltern mit den Schlangen vor der Passagierkontrolle mischen. Nach Information unserer ist dieses Problem in Regierungskreisen bekannt. Klar sei, dass ein Rückstau in den Check-In-Bereich nur vermieden werden könne, indem die Personenkontrollen schnell durchgeführt werden.

In dieser misslichen Lage wussten sich die Betreiber des Flughafens nicht anders zu helfen, als das Personal aufzustocken. Während am Flughafen Tegel fünf bis sechs Luftsicherheitsassistenten an jeder Kontrollspur im Einsatz sind, sollen beim neuen Flughafen neun Mitarbeiter an jeder Spur im Einsatz sein. In Fluglinien-Kreisen wird aber bereits bezweifelt, ob sich die Kontrollen durch einen erhöhten Personalaufwand beschleunigen lassen: „Ich weiß gar nicht, wo die Mitarbeiter alle stehen sollen.“

Höhere Gebühren als an anderen Flughäfen

Die Leidtragenden der eklatanten Fehlplanung werden die Fluggäste und die Fluglinien sein. Sie müssen die Zeche dafür zahlen. Die Passagierkontrollen, die auf die Ticketpreise umgelegt werden, sollen im Jahr um zwölf Millionen Euro teurer werden als etwa bei dem als völlig veraltet geltenden Berliner Flughafen Tegel.

Die Kontrollen werden von privaten Unternehmen durchgeführt. Nach einer Ausschreibung, an der sich Sicherheitsfirmen beteiligen, werden die Gebühren vom Bundesinnenministerium festgesetzt. In Tegel werden derzeit je Passagier und Kontrolle 4,40 Euro berechnet, in Schönefeld sind es 4,19 Euro. Beim neuen Flughafen waren bis zum geplatzten Start nach Informationen unserer Zeitung 5,22 Euro im Gespräch.

So viel zur viel gerühmten Effizienz des Hauptstadtflughafens. Dass die Passagiere irgendwann einmal vom „Flughafen der kurzen Wege“ abheben werden, kostet dann jeden Fluggast je Start rund einen Euro mehr. Bei zwölf Millionen Passagieren, die von hier aus laut Schätzungen der Flughafenbetreiber im ersten Betriebsjahr in die Luft gehen, müssen die Fluggäste für die Kontrollen also zwölf Millionen Euro zusätzlich zahlen.

Im Vorfeld wurde stets betont, dass „Willy Brandt“ ideal dazu geeignet sei, „organisch zu wachsen“. Die Zahl von zwölf Millionen abfliegenden Passagieren lasse sich problemlos verdoppeln, ohne dass der Flughafen dafür erweitert werden müsste, hieß es stets. Wie diese Rechnung aufgehen soll, ist aber schleierhaft. Wenn schon jetzt die Sicherheitskontrollen die technischen Einrichtungen am neuen Hauptstadtflughafen überfordern, wie soll es dann funktionieren, wenn der Ansturm eines Tages doppelt so groß ausfällt?

Die Antwort ist kein Scherz: Im Gespräch ist eine Abfertigung im Zelt, mit provisorischen Kontrollspuren und ohne Anschluss an die Anlage zum Gepäcktransport.