Viele Städte leiden darunter, dass Wohnungen an Touristen statt an Einheimische vermietet werden. Foto: dpa

Wer seine Wohnung im Netz vermietet, muss die Einnahmen meist versteuern. Kontrollen sind bislang aber fast unmöglich. Landesfinanzministerin Edith Sitzmann macht nun Druck bei ihren Kollegen, das zu ändern.

Stuttgart - Rund 160 000 Unterkünfte stellte die Wohnungsvermittlung Airbnb nach eigenen Angaben in Deutschland zu Beginn des Jahres zur Verfügung. Auf der Internetplattform des amerikanischen Unternehmens können private und gewerbliche Vermieter ihre Couch, Zweitwohnung oder auch ihre Immobilien für jede beliebige Zeitspanne anbieten.

Kommunen klagen schon seit längerem darüber, dass durch dieses Geschäftsmodell zunehmend Wohnraum zweckentfremdet wird, vor allem in den Ballungsräumen, wo bezahlbare Wohnungen ohnehin knapp sind. Aber auch die Finanzminister sind damit unzufrieden – nicht nur, weil Airbnb seine Steuern in Irland zahlt, wo die Steuersätze deutlich niedriger sind. Auch diejenigen, die über Airbnb vermieten, müssen ihre Mieteinnahmen beim Finanzamt angeben. B isher haben die deutschen Finanzbehörden allerdings kaum Möglichkeiten zu kontrollieren, ob die Vermieter ihre Einnahmen auch vorschriftsmäßig versteuern . Um das überprüfen zu können, bräuchte es ein neues Gesetz.

EU verpflichtet Betreiber von Online-Plattformen

Schon 2017 hat die Europäische Union den Weg dafür frei gemacht – mit neuen Richtlinien zur Umsatzbesteuerung des grenzüberschreitenden Handels. Diese sehen vor, dass von 2021 an Betreiber von internationalen Online-Plattformen, die innerhalb der EU Warenlieferungen oder Dienstleistungen ermöglichen, umfassende Aufzeichnungen führen und diese auf Verlangen den Finanzbehörden zur Verfügung stellen müssen. Bis Ende 2020 muss die Regelung in nationales Recht umgesetzt werden.

Die vorbereitenden Arbeiten dafür seien aufgenommen worden, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums in Berlin unserer Zeitung. Ein Gesetzentwurf existiere aber noch nicht. Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann macht deshalb Druck. In einem Brief an ihre Kollegen in der Finanzministerkonferenz, der unserer Redaktion vorliegt, fordert die Grünen-Politikerin, das Thema bei ihrem Treffen am kommenden Donnerstag auf die Tagesordnung zu setzen, damit die neuen Regelungen rechtzeitig in Kraft treten können. „Es geht nicht darum, neue Steuern einzuführen“, sagte Benjamin Hechler, Sprecher der Finanzministeriums. „Aber wir müssen kontrollieren können, ob diejenigen, die Steuern zahlen müssen, diese auch tatsächlich bezahlen.“ Wer über Airbnb oder auch andere Übernachtungsportale vermietet, muss möglicherweise Umsatzsteuer oder Einkommensteuer oder auch beides bezahlen.

Regeln können auch Pflegedienste betreffen

Die neue Regelung würde auch für andere Dienstleistungen gelten, die über internationale Online-Portale angeboten werden, etwa Kinderbetreuung oder Altenpflege, Reinigungsdienste oder Reparaturarbeiten. Wer auf diese Weise Geld verdient, muss dafür in der Regel Steuern zahlen. Allerdings sind Kontrollen schwierig. Durch derartige Steuerhinterziehung entgehen dem Staat jedes Jahr Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe, schätzen die Finanzminister. Auch wird dadurch der Wettbewerb verzerrt. Wer keine Steuern zahlt, kann Dienstleistungen günstiger anbieten.

Für den Warenverkehr gibt inzwischen einige Einschränkungen. Im vergangenen Dezember hat der Bundestag ein Haftungsgesetz für Betreiber von internationalen Online-Marktplätzen beschlossen. Dieses schreibt vor, dass sich Lieferanten aus Nicht-EU-Ländern bei Verkaufsportalen mit ihrer Steuernummer registrieren müssen. Damit soll sichergestellt werden, dass Händler Nicht-EU-Ländern Umsatzsteuer in Deutschland zahlen, wenn sie hierzulande über Internetplattformen Geschäfte machen. Häufig verschicken Lieferanten aus Asien ihre Waren, ohne die Umsatzsteuer von 19 Prozent in Rechnung zu stellen, und können damit ehrliche Konkurrenten unterboten.

Mehr als 12 000 Händler aus Fernost registriert

Die Betreiber von elektronischen Marktplätzen wie etwa Ebay oder Amazon, die diesen Handel ermöglichen, müssen die Adressen, Steuernummern und Umsätze ihrer Händler erfassen, um eine Prüfung der Steuerbehörden zu ermöglichen. Tun sie das nicht und werden entdeckt, dann müssen sie für die die entgangenen Steuern aufkommen.

Diese Regelung habe sich bereits bewährt, sagt Finanzministerin Sitzmann, die sich in Berlin dafür stark gemacht hatte. Inzwischen hätten sich viele Online-Händler beim zuständigen Finanzamt in Berlin-Neukölln registrieren lassen. Im Frühjahr 2017 waren dort gerade einmal 432 Händler aus Fernost gemeldet, im Frühjahr dieses Jahres waren es bereits über 12 000. „Das zeigt, dass schon unsere Ankündigung von Haftungsregeln wirkt.“ Damit das auch bei den Dienstleistungen klappe, müsse die Bundesregierung schnell handeln. „Dann können wir hier auch gleich loslegen.“