Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Foto: dpa/Kay Nietfeld

Auf den letzten Metern der Legislaturperiode will Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer eine Debatte über den umstrittenen Afghanistan-Einsatz anstoßen. Der Zeitpunkt verärgert die Abgeordneten – sie bleiben dem Termin daher fern.

Berlin - Annegret Kramp-Karrenbauer würde gerne Bundesverteidigungsministerin bleiben, so hat die Saarländerin es vor der Wahl wiederholt bekundet. Nun muss sich die CDU-Politikerin jedoch mit dem Gedanken befassen, nur noch wenige Wochen oder Monate im Amt zu sein. Aktuell scheint es wahrscheinlicher zu sein, dass die Union an der kommenden Bundesregierung nicht mehr beteiligt ist, als dass CDU und CSU erneut eine Koalition schmieden können.

In Kramp-Karrenbauers Kalender stehen in diesen Tagen aber noch einige bedeutende Termine. Am Montag war die Verteidigungsministerin an Bord der „Gorch Fock“, als das Segelschulschiff nach jahrelanger Instandsetzung in seinen Heimathafen in Kiel zurückkehrte. Angesichts der hohen Sanierungskosten, die in den vergangenen Jahren von anfangs zehn Millionen Euro auf schließlich 135 Millionen Euro gestiegen waren, war die Zukunft des Schiffes fraglich gewesen.

Ministerin will „kritische Bilanz“ ziehen

Am Mittwoch will Kramp-Karrenbauer dann in ihrem Ministerium mit einer eintägigen Veranstaltung eine Debatte über die Bilanz des Afghanistan-Einsatzes einleiten, bevor die an der Mission beteiligten Soldatinnen und Soldaten am 13. Oktober mit einem Großen Zapfenstreich in Berlin geehrt werden sollen. „In einer kritischen Bilanz müssen wir darüber reden, was gut war, was nicht gut war und was wir gelernt haben“, kündigte Kramp-Karrenbauer die Diskussionsveranstaltung an.

Vertreter mehrerer Bundestagsfraktionen wollen dem Termin jedoch fernbleiben, wie die ARD-„Tagesschau“ am Wochenende zuerst berichtete. Im Parlament herrscht große Verärgerung über den Zeitpunkt der Debatte. Denn einerseits finden in dieser Woche mehrere Sondierungsrunden für eine Regierungsbildung statt, wodurch auch einige Abgeordneten der beteiligten Parteien stark eingebunden sind.

Aufarbeitung auf den letzten Metern

Noch viel schwerer wiegt für die Parlamentarier aber, dass die Aufarbeitung des umstrittenen Einsatzes nun auf den letzten Metern der Legislaturperiode stattfinden soll. Also in einer Phase, in der die neue Regierung noch nicht im Amt und der neue Bundestag noch nicht konstituiert sind. Die Debatte über die Fehler, die Lehren und die Folgen der 20-jährigen Präsenz der Bundeswehr am Hindukusch sei aber viel zu wichtig, um sie nun in Verantwortung des scheidenden Bundestags und einer möglicherweise nicht mehr lange amtierenden Ministerin zu führen, wird aus mehreren Fraktionen kritisiert.

Auch die Form der Aufarbeitung mittels einer vom Verteidigungsministerium organisierten Diskussionsrunde ist umstritten. Die SPD will stattdessen eine Enquete-Kommission einsetzen, die bisherigen Oppositionsparteien Grüne, FDP und Linke fordern einen Untersuchungsausschuss, der in der kommenden Legislaturperiode die Fehleinschätzungen der Bundesregierung vor der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban aufarbeiten und die Verantwortung für Fehler bei der Evakuierung der Ortskräfte der Bundeswehr klären soll.

Ministerium nimmt Absagen „zur Kenntnis“

Konkret kündigten Vertreter von SPD, Grünen und der FDP an, nicht zu der Veranstaltung am Mittwoch zu kommen. Kritisiert wird Kramp-Karrenbauers Vorgehen aber auch in der Unionsfraktion. Die Ministerin will an dem Termin dennoch festhalten, wie ein Ministeriumssprecher am Montag mitteilte. Geplant sind nach Einführungen von Kramp-Karrenbauer, Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und dem Generalinspekteur der Bundeswehr Eberhard Zorn ein Grußwort per Video von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sowie mehrere Diskussionsrunden zu verschiedenen Aspekten des Einsatzes.

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Nach den Absagen aus den Reihen der Abgeordneten dürfte das Programm aber anders ausfallen als bisher geplant. Unter dem Titel „Der Afghanistaneinsatz und die Parlamentsarmee: Wie bilanziert der Deutsche Bundestag?“ sollten ursprünglich Parlamentarier aller Bundestagsfraktionen diskutieren. Absagen aus der Runde habe man „zur Kenntnis genommen“, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums.