Ministerpräsident Kretschmann spricht Strobl sein Vertrauen aus. Foto: dpa/Marijan Murat

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat dem Innenminister Thomas Strobl erneut das Vertrauen ausgesprochen. Zum laufenden Verfahren wollte er sich nicht äußern.

Die Affäre um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens an die Presse durch Innenminister Thomas Strobl belastet auch die grün-schwarze Landesregierung. Nun hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei der Regierungs-Pressekonferenz dem CDU-Politiker erneut das Vertrauen ausgesprochen. „Seine Argumentation erschien mir plausibel und glaubwürdig. Er genießt mein volles Vertrauen – gerade auch wegen seiner bisherigen Amtsführung“, so Kretschmann.

Da die Unschuldsvermutung gelte, könne Strobl zudem weiterhin seinen Geschäften nachgehen. Das Verfahren wollte der Ministerpräsident derweil nicht weiter kommentieren. „Der Ball liegt bei der Justiz. Daher werde ich mich nicht weiter äußern“, sagte der Grünen-Politiker. Die Opposition fordert die Entlassung des Innenministers.

Die Anklagebehörde hatte mitgeteilt, sie ermittele gegen einen Journalisten und den Minister. Der Reporter wird verdächtigt, aus amtlichen Dokumenten eines laufenden Verfahrens zitiert zu haben. Strobl wiederum soll ihn dazu angestiftet haben. Im Zentrum der Affäre stehen eigentlich Ermittlungen gegen einen führenden Polizisten wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung. Strobl hatte am Mittwoch eingeräumt, im Dezember einem Journalisten ein Schreiben des Anwalts des Polizisten weitergegeben zu haben.

Staatsanwaltschaft: Ermächtigung kann nur Innenministerium erteilen

Inzwischen stellte die Staatsanwaltschaft klar, dass sie nicht wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen ermitteln wird. Die Opposition aus SPD und FDP hatte das Staatsministerium aufgefordert, anstelle des Innenministeriums die Anklagebehörde für solche Ermittlungen zu ermächtigen. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart erklärte nun der Deutschen Presse-Agentur: „In diesem Fall ist nach dem Gesetz für die Erteilung der Strafverfolgungsermächtigung das Innenministerium zuständig.“

Das Innenministerium argumentiert, es handele sich bei dem Schreiben des Anwalts nicht um ein amtliches Schreiben und auch nicht um ein Dienstgeheimnis, deswegen habe man die Ermächtigung für Ermittlungen nicht erteilt. In dem Schreiben hatte der Anwalt des suspendierten Beamten dem Ministerium ein persönliches Gespräch angeboten, das für beide Seiten besser sei als ein juristisches Verfahren. Strobl erklärte nun, dies sei ein „vergiftetes Angebot“ gewesen. Er habe für „maximale Transparenz“ sorgen und verhindern wollen, dass die andere Seite das Schreiben lanciert.

Warum wird erst fünf Monate nach Erscheinen des Artikels ermittelt?

Nachdem Strobl am vergangenen Mittwoch im Innenausschuss und in einer anschließenden Pressekonferenz eingeräumt hatte, das Anwaltsschreiben einem Journalisten übermittelt zu haben, teilte die Anklagebehörde kurz danach mit, nun wegen Verdachts verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen zu ermitteln - und das, obwohl der Zeitungsartikel bereits Ende Dezember erschienen war. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft erklärte nun, durch die Aussagen des Ministers am Mittwoch hätten „sich Gesichtspunkte ergeben, die Anlass zu einer erneuten Prüfung des Sachverhalts (...) gaben“ - nun aber mit einem neuen Verdacht.

Die Anklagebehörde bestätigte zudem die Angaben des Ministeriums vom Sonntag, dass man mittlerweile auch gegen einen Mitarbeiter des Innenministeriums ermittele, „der auf Veranlassung des Herrn Innenministers das Anwaltsschreiben an den Journalisten übersandt haben soll“. Es gehe hier um den Verdacht der Beihilfe zur verbotenen Mitteilung über Gerichtsverhandlungen.

Die FDP und der umstrittene Titel für die Debatte über Strobl

Am Dienstagmorgen will das Landtagspräsidium darüber beraten, ob die FDP-Fraktion eine aktuelle Debatte mit dem Titel „Verrat von oben - wer kann dem Dienstherrn Strobl noch trauen?“ beantragen darf. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte dies mit dem Argument abgelehnt, es sei jahrzehntelange Parlamentspraxis, dass bei solchen Debatten-Titeln „schwere persönliche Vorwürfe unzulässig sind“. Die FDP soll den Titel nun anders formulieren. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kritisierte die Ablehnung durch die Parlamentschefin. „Das ist der offensichtliche Versuch der Regierungskoalition, die Aufklärung der Verfehlungen von Herrn Strobl zu behindern und Strobls Straftaten schönzureden.“