Am Schorndorfer Bahnhof gibt es 70 Park & Ride-Plätze, zu Spitzenzeiten beträgt die Auslastung laut VVS 85 Prozent. Foto: Gottfried Stoppel

Die Schorndorferin Ines Hesse möchte mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren. Wegen einer städtischen Regelung – die eigentlich mehr Pendler von der Straße holen soll – darf die Lehrerin ihr Auto aber nicht am Bahnhof abstellen.

Schorndorf - Eigentlich ist Ines Hesse eine Vorzeigependlerin. Eine, die ihr Auto stehen lässt und lieber mit der Bahn fährt. Von Schorndorf nach Weinstadt, von Schorndorf nach Stuttgart, von Schorndorf nach Ellwangen. Ines Hesse arbeitet zum einen am Remstalgymnasium in Endersbach als Lehrerin, zum anderen bildet sie am Seminar in Stuttgart Referendare aus. Für Unterrichtsbesuche muss die Schorndorferin immer wieder nach Ellwangen oder Crailsheim. „Weil ich nicht jeden Tag zur gleichen Arbeitsstätte fahre, lohnt sich ein Monatsticket für mich nicht“, erzählt die 45-Jährige.

Das Tagesticket wird erst ab 8.30 Uhr im Reisezentrum verkauft

Und damit fängt der Ärger an: Weil Ines Hesse kein Monats- oder Jahresticket besitzt, darf sie ihr Auto erst nach 8.30 Uhr auf die Park & Ride-Stellplätze am Schorndorfer Bahnhof stellen – so ist es seit 1994 geregelt in der Daimlerstadt. „Das Tagesticket wird deswegen erst ab 8.30 Uhr im Reisezentrum verkauft“, erzählt Hesse. Um diese Uhrzeit muss sie aber schon vor ihrer Klasse stehen, auch der Intercity nach Ellwangen ist da längst abgefahren. Ines Hesse fühlt sich ungerecht behandelt: „Das ist eine Zwei-Klassen-Gesellschaft beim Parken, die es nach unserer Recherche sonst im Umkreis nirgendwo gibt.“

Tatsächlich sind die weiteren P & R-Plätze entlang der Bahnlinie durch das Remstal in Richtung Stuttgart entweder kostenfrei oder es kann – wie beispielsweise in Waiblingen – ein Tagesticket am Automaten gelöst werden. „Da gilt einfach: wer zuerst kommt, mahlt zuerst“, sagt Ines Hesse, für die es keine Alternative ist, zum Bahnhof zu laufen oder mit dem Bus zu fahren. „Ich hole meine Kinder meistens direkt nach der Arbeit mit dem Auto von der Tagesmutter oder der Betreuung an der Schule ab.“

Stadt Schorndorf will Berufspendler mit Monatsticket schützen

Mehrfach hat sich Ines Hesse an die Stadt gewandt: Sie war in der Bürgermeistersprechstunde, hat danach mit den Zuständigen korresponiert – „aber jedes Argument von mir wird entkräftet.“ Auf Nachfrage schreibt die Stadt Schorndorf, dass man mit den wenigen vorhandenen Stellflächen sinnvoll umgehen müsse: „Dies dient dem Schutz der Berufspendler, die täglich auf einen Parkplatz angewiesen sind und Geld für Monats- oder Halbjahrestickets ausgeben“, heißt es in der Korrspondenz mit Ines Hesse.

Man wolle mit dieser Regelung zudem einen Anreiz dafür schaffen, ein Monats- und Jahresticket zu kaufen und damit an jedem Tag die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. „Insofern bestehen bei uns momentan keine Überlegungen, die Regelung zu ändern“, schreibt Adrian Holl vom städtischen Fachbereich Sicherheit und Ordnung. In den vergangenen zwölf Monaten seien neben der Beschwerde von Frau Hesse nur zwei weitere Fälle aufgetreten, die problemlos geklärt worden seien.

Aus Frust nimmt die Pendlerin wieder das Auto

Ines Hesse machen die Aussagen der Stadt wütend: „Auch ich bin auf einen Parkplatz angewiesen, um pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Und ich gebe viel Geld für Fahrtickets aus.“ Zuletzt beliefen sich die Kosten für die diversen Fahrkarten auf 246 Euro im Monat. In der Not hat sie bisher entweder auf einer halblegalen Fläche geparkt oder ist in die Nachbarkommunen ausgewichen – wodurch sie mehr Kilometer mit dem Auto zurückgelegt hat als notwendig. Mittlerweile hat sie aber aus lauter Frust beschlossen, wieder komplett mit ihrem Diesel-Fahrzeug zur Arbeit zu fahren. „Warum ich die P & R-Plätze in Schorndorf nicht in Anspruch nehmen kann, obwohl ich fünf Mal in der Woche die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen könnte, erschließt sich mir nicht.“

Übersicht: Der Verkehrsverbund Stuttgart bietet auf seiner Internetseite eine Übersicht über alle P & R-Stellplätze in der Region an. Insgesamt gibt es 218 P & R-Anlagen mit rund 17 355 Stellplätzen.