Thomas Hurter ist Mitglied der Schweizerischen Volkspartei. Foto: privat

Der Schaffhausener Nationalrat Thomas Hurter bemängelt die Qualität, die Verlässlichkeit, die lange Fahrzeit von Stuttgart nach Zürich – und kritisiert die deutsche Bahn und Politik.

Schaffhausen - Statt schneller geht es auf der Gäubahn zwischen Stuttgart und Zürich von Jahr zu Jahr langsamer voran. Jetzt platzt den Schweizern allmählich der Kragen. „Wir sind nicht zufrieden“, sagt der Verkehrspolitiker Thomas Hurter von der Schweizerischen Volkspartei (SVP). Am liebsten wäre es ihm, die Schweiz könne die Strecken im Grenzgebiet übernehmen.

Herr Hurter, wie zufrieden sind Sie in der Schweiz mit der Gäubahn?

Ehrlich gesagt sind wir sehr unglücklich. Ich wohne in Schaffhausen und sehe: Die Qualität ist schlecht. Die Verlässlichkeit ist schlecht. Die Fahrzeit von Stuttgart nach Zürich dauert viel zu lange. Dabei müsste die Verbindung zwischen zwei solchen Metropolen hervorragend sein. Die Strecke ist von der Distanz her prädestiniert für den Zugverkehr.

Es dürfte Ihnen nicht gefallen, wenn die Gäubahn wegen Bauarbeiten für Stuttgart 21 mindesten drei Jahre nur bis Stuttgart-Vaihingen fährt.

Das ist keine gute Idee. Da springen Ihnen die Kunden ab. Wenn die Bahn nicht von Zentrum zu Zentrum fährt, wird sie uninteressant. Mindestens sollte während des Baus der Unterbruch des Betriebs auf ein Minimum beschränkt werden. Allerdings gibt es schon jetzt ständig Zugausfälle.

Auch das ist nach Ihrer Beobachtung vor allem die Schuld der deutschen Seite?

Ja, das ist blöd, wenn das ein Schweizer sagen muss, aber leider ist das so.

Was kann die Schweiz denn tun, um etwas zu ändern?

Wir können mithelfen, dass das Zugmaterial erneuert wird. Drei Stunden Fahrtzeit haut doch niemanden vom Hocker. Seit 1996 gibt es die „Vereinbarung von Lugano“ zwischen der Schweiz und Deutschland, wonach die Fahrtzeit Zürich-Stuttgart auf zweieinviertel Stunden reduziert werden soll. Dafür müsste man sich wenigstens das Thema Neigetechnikzüge noch einmal anschauen.

Die Deutsche Bahn will das nicht.

Ja, weil sie die Gleise stärker abnutzen.

Sie könnten auch mehr Druck für einen Ausbau der Infrastruktur machen. Gerade waren sie mit der eidgenössischen Verkehrskommission zu Gast beim Verkehrsausschuss des Bundestags.

Ich denke, das dauert viel zu lange. Uns sind in Berlin die aktuellen Zeithorizonte für den Ausbau der Rheintalbahn genannt worden. Da hieß es, es daure bis 2041, um sie für den Güterverkehr zu ertüchtigen. Das sind weitere zwanzig Jahre. Da fühlen wir uns als Schweizer schon etwas verdeppert. Wir finanzieren und bauen einen Tunnel durch den Gotthard und stellen ihn fertig, und hier geht es nicht weiter.

Sie haben in Berlin auch Vertreter der Deutschen Bahn getroffen.

Ich hatte das Gefühl, dass die Deutsche Bahn etwas ratlos ist. Sie hat zu viele Probleme und zu viele Hüte auf, so dass sie ganz vergisst, dass sie eine Bahngesellschaft ist. Dazu kommt, dass die Politik zu wenig bereit scheint, das Bahnnetz zu verbessern.

Auch der Zustand der Hochrheinstrecke, die von Schaffhausen auf der deutschen Rheinseite nach Basel führt, dürfte Ihnen keine Freude machen.

Von einer besseren Verbindung des Wirtschaftsraums Basel mit Schaffhausen würde die deutschen Gemeinden im Süden stark profitieren. Ich kenne viele, die von Schaffhausen nach Basel lieber über Zürich fahren, obwohl das fast eine Stunde länger dauert, weil die Qualität, was Pünktlichkeit, Sauberkeit und genügend Sitzplätze an geht, in den DB-Zügen nicht stimmt. Jetzt ist die Kapazität in der ersten Klasse schon wieder gesenkt worden. Diese Strecke wäre ebenfalls eine prädestinierte Bahnstrecke, denn auch die Straßenverbindung ist keine gute Alternative.

Die Schweiz hat in die Hochrheinbahn ja schon investiert.

Der Kanton Schaffhausen hat 2013 das Teilstück zwischen Schaffhausen und Erzingen auf eigene Kosten elektrifiziert. Aber die Deutsche Bahn fährt immer noch mit Dieselloks unter den Leitungen. Mein Vorschlag wäre, dass die Schweizer Bundesbahn (SBB) die ganze Strecke übernimmt und elektrifiziert und sich Deutschland an den Kosten beteiligt.

Hat das ernsthafte Chancen?

Ich gehe davon aus, dass man das diskutieren wird.