Beim VRS räumt man das Problem mit der S4 unumwunden ein – und hofft, bald Abhilfe schaffen zu können Foto: KS-Images.de

Auf der Linie S4 zwischen Marbach und Stuttgart wurde am Dienstag nicht nur der Fahrplantakt von 15 auf 30 Minuten umgestellt. Es fuhr auch ein Waggon weniger, sodass die Fahrgäste trotz Coronakrise dicht gedrängt stehen mussten.

Marbach - Helle Aufregung und Unverständnis gab es am Dienstagmorgen bei zahlreichen Pendlern, die mit der S-Bahn von Marbach in Richtung Stuttgart unterwegs waren. Dass der Verband Region Stuttgart (VRS) die Bahnen wegen der gesunkenen Nachfrage in Zeiten der Corona-Pandemie vom 24. März an nur noch im Halb-Stunden-Takt statt wie sonst viertelstündlich fahren ließ, hatte sich herumgesprochen. Aus allen Wolken fielen jedoch mehrere Fahrgäste, als sich herausstellte, dass die S-Bahn statt aus den üblichen drei nur aus zwei Waggons bestand, sodass die Menschen den in Corona-Zeiten empfohlenen Mindestabstand von 1,50 bis zwei Metern nicht einhalten konnten und sich unangenehm dicht auf die Pelle rücken mussten.

„Es ist wirklich kein Zuckerschlecken, in Zeiten wie diesen mit der Bahn zu fahren. Und dann machen die es einem noch schwerer als sonst“, beschwerte sich Gabi Menner, die schon vor 7 Uhr mit der S-Bahn Richtung Stuttgart unterwegs war und meinte, nach dem Halt in Kornwestheim sei ein Abstand von 1,50 Meter zu den anderen Fahrgästen nicht mehr möglich gewesen. Rainer Stiegler, der um 6.55 Uhr in Marbach in die S-Bahn gestiegen war, erklärte, schon ab Benningen seien die Waggons so voll gewesen, dass die Menschendichte unverantwortlich sei.

Von „chaotischen und unhaltbaren Zuständen“ in der S4 berichtete Udo Keppler, der sich ebenfalls am frühen Morgen vom Marbacher Bahnhof aus auf den Weg nach Stuttgart gemacht hatte. „Theoretisch haben wir uns wegen des zu geringen Abstandes sogar strafbar gemacht“, ärgerte sich Keppler. Er wisse bald nicht mehr, wie er sich noch verhalten solle. „Ich bin gezwungen, mit der S-Bahn zu fahren, da ich mit meinem alten Diesel wegen des Fahrverbots nicht nach Stuttgart reinkomme“, sagte er. In den Tagen zuvor mit den normalen Taktzeiten sei es kein Problem gewesen, den empfohlenen Mindestabstand zu halten. Nach der doppelten Reduzierung – längere Taktung und weniger Waggons – sei das nicht mehr möglich.

Rainer Stiegler, der sich noch niemals zuvor über die Zustände im S-Bahn-Verkehr beschwert hatte, machte am Dienstagmorgen seinem Ärger bei unserer Zeitung, beim VVS und auf dem Marbacher Rathaus Luft. Bei Bürgermeister Jan Trost stieß er dabei auf offene Ohren: „Das ist ein unhaltbarer Zustand. In Zeiten der Coronakrise ist ein solches Vorgehen für uns absolut inakzeptabel und nicht nachzuvollziehen“, meinte Trost. Ordnungsamtsleiter Andreas Seiberling habe bereits bei Jürgen Wurmthaler, dem Leitenden Direktor des VRS, angerufen und den unhaltbaren Zustand moniert.

Beim VRS räumt man das Problem mit der S4 zwischen Marbach und Stuttgart unumwunden ein. Grund sei zum einen ein infrastrukturtechnisches Problem. „Zwischen Backnang und Marbach fährt wegen der fehlenden Bahnsteiglänge nur ein so genannter Vollzug mit zwei Waggons“, erläuterte Alexandra Aufmuth, die Pressesprecherin des VRS. In Marbach werde normalerweise ein Kurzzug mit einem Waggon angehängt, sodass dann ein Langzug mit drei Waggons in Richtung Stuttgart unterwegs sei. „Für diesen Ankupplungsvorgang benötigen wir aber technisches Personal und zwei Zugführer, die wir bislang nicht sicherstellen konnten“, führte Aufmuth weiter aus. Es gebe inzwischen jedoch die Zusage der Bahn, dass spätestens vom 30. März an das benötigte Personal gestellt werde. Vielleicht klappe es sogar schon vorher. „Die Taktverkürzung bei den S-Bahnen wurde unter anderem auch deshalb eingeführt, damit ausreichend Personal für besondere Situationen vorhanden ist“, machte Aufmuth den Pendlern Hoffnung.

Und trotz der Reduzierung der Taktzeiten würden der VRS und die S-Bahn Stuttgart an ihrem Versprechen festhalten, so Aufmuth, allen Fahrgästen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten und in den kommenden Wochen auf einen verlässlichen ÖPNV angewiesen seien, ein „stabiles Grundangebot“ zu machen.