Die SPD bemängelt die engen Gehwege. Foto: Kathrin Wesely

Nur mit einer Reihe flankierender Maßnahmen hat der Bezirksbeirat Stuttgart-Süd der Einrichtung einer Suchtberatung und Abgabestelle der Caritas in der Adlerstraße zugestimmt. Eine endgültige Entscheidung darüber, ob sie kommt, fällt aber erst Anfang Dezember.

S-Süd - Die Suchtberatungsstelle der Caritas an der Adlerstraße wird aller Voraussicht nach kommen. Der Bezirksbeirat hat mehrheitlich zugestimmt – mancher mit Zähneknirschen. Das Vorhaben: Der Immobiliendienstleister Corpus Sireo will an der Adlerstraße, oberhalb der einstigen Postfiliale Böblinger Straße, einen Neubau mit 52 Wohnungen für Ältere sowie sechs Wohnungen für Familien bauen. Auf zwei Etagen will die Caritas mit einer Ambulanz und Beratungsangeboten für Drogenkranke einziehen. Abgerissen werden soll dafür ein leer stehender Trakt, der früher für die Paketabfertigung genutzt wurde. Die meisten Bezirksbeiräte zeigten sich erleichtert, als diese Etappe in dem schwierigen Prozess genommen war. Jetzt geht das Projekt in die Ausschüsse des Gemeinderates, die Entscheidung darüber fällt am 3. Dezember.

High Noon bleibt in Mitte

Das Projekt hatte in den vergangenen Monaten hitzige Diskussionen ausgelöst, weil Anwohner und andere Bürger im Süden befürchten, die Suchthilfeeinrichtung schade dem Quartier. An runden Tischen wurden mögliche Folgen erörtert. Caritas, Stadt und der Bauträger Corpus Sireo überlegten sich flankierende soziale Konzepte, und die Pläne wurden abgespeckt. So verbleibt der Treff High Noon im Leonhardsviertel und zieht nicht in den Süden um. Nun soll eine Ambulanz mit Beratungsstelle entstehen, wie es sie bereits an sieben anderen Orten in der Stadt gibt. Die ursprüngliche Idee, an der Adlerstraße viele Angebote zu bündeln, um Synergien zu schaffen, wurde aufgrund des massiven Widerstands im Bezirk aufgegeben.

Der Bezirksbeirat hatte auch eingefordert, dass es eine große, zentrale Info-Veranstaltung im Alten Feuerwehrhaus zum Thema geben soll. Diese ist nun für Ende Februar geplant. Die SPD-Fraktion hofft ferner, dass die Suchtberatung dann auf größere Akzeptanz stößt, wenn noch andere Einrichtungen in dem Gebäude untergebracht werden. Sie schlägt vor, dafür das Eckgebäude zu nutzen, wo bislang die Post residierte und das der Telekom gehört. Deshalb solle die Stadt dort unbedingt einen Fuß in die Tür bekommen. Der Bezirksbeirat stimmte dem Antrag zu.

Juristisch okay, aber hasenrein?

Bei der Abstimmung über das Projekt als solches gab es eine Gegenstimme seitens der FDP und eine SPD-Bezirksbeirätin enthielt sich. Letzteres sticht deshalb heraus, weil sich Ulrike Holch zuvor mehrfach juristisch gegen den Vorwurf der Befangenheit hatte wehren müssen. Zum einen ist die SPD-Bezirksbeirätin bei der Caritas beschäftigt – also dem künftigen Träger der Einrichtung. Zum anderen wohnt sie selbst an der Adlerstraße. Die Stadt hatte die Angelegenheit geprüft, und da die Rätin zwar bei der Caritas aber nicht in der Suchtberatung tätig ist und, weil Bezirksbeiräte nun mal zwangsläufig in ihrem Bezirk wohnen, sei es rechtens, dass sie bei dem Thema mit abstimme. Hasenrein sei das trotzdem nicht, findet mancher Ratskollege. Holch winkt ab, sie habe keine Vorbehalte: „Ich habe schon in der Suchtberatung gearbeitet und kein Problem damit, dass so eine Einrichtung in meine Nachbarschaft kommt.“ Allerdings sei der Gehweg zu eng für all die Leute, die zu erwarten sind, wenn die Beratungsstelle erst mal eröffnet ist. Man rechne mit 130 Klienten über den Tag verteilt, sagte Klaus Obert, zuständiger Bereichsleiter bei der Caritas. Er wolle nichts schön reden. Eine Suchtambulanz ist kein Ponyhof. „Man muss mit Konflikten rechnen. Da wollen wir Ihnen auch gar nichts vormachen. Aber wir lassen Sie damit nicht allein.“