Bei der Radlerfreundlichkeit bekommen die Städte im Land mäßige Noten.. Foto: dpa

Alle zwei Jahre prüfen die Fahrrad-Lobbyisten vom ADFC die Stimmung der Radler in Bund und Land. Das Ergebnis fiel einmal mehr ernüchternd aus: Nur ein Ausreichend gab’s für die Städte. In Baden-Württemberg ist das nicht anders, sieht man von den Spitzenreitern Karlsruhe und Freiburg und wenigen anderen Ausreißern nach oben ab.

Stuttgart - Alle zwei Jahre macht der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) bundesweit eine Umfrage unter Radlern, wie sie die Fahrradfreundlichkeit ihrer Kommune beurteilen. Rund 120 000 Personen in 539 Städten haben sich diesmal beteiligt, in Baden-Württemberg sind es 13 500 Menschen in 87 Kommunen gewesen.

Das Ergebnis nach Schulnoten fällt aus Sicht des ADFC einmal mehr ernüchternd aus. Insgesamt zeige sich in der Republik und im Land „keine Verbesserung des Fahrradklimas“, die Fahrradfreundlichkeit der Städte werde von den „Alltagsexperten“ im Schnitt mit der Note Vier bewertet. Von der „dringend notwendigen Verkehrswende“ sei also keine Spur, so der ADFC.

Dauersieger Münster

Auch auf den Spitzenplätzen der Großstädte hat sich nichts getan. „Dauersieger“ Münster (Notenwert 3,07) aus Nordrhein-Westfalen liegt bundesweit wieder auf Platz eins. Dahinter kommen die in Baden-Württemberg als Radlerstädte bekannten Kommunen Karlsruhe (3,09) und Freiburg (3,28), wo „mit großem politischem Willen, viel Engagement und Know-how der Radverkehr gefördert wird“. Dabei handelt es sich im Land aber um die Ausreißer nach oben. Insgesamt kommt Baden-Württemberg in der Umfrage nur auf den Notenwert 3,79, auf eine Vier plus. Im Vergleich von vor zwei Jahren sei „keine Verbesserung feststellbar“. Unter den Flächenländern schafft es der Südwesten auf den achten Rang.

Am schlechtesten bewertet wird insbesondere von den Radlern in den Großstädten die Sicherheit im Straßenverkehr. In den Kommunen unter 50 000 Einwohnern ist es hingegen der geringe Stellenwert des Themas Radverkehr. Und die „Aufregerthemen“ seien nach wie vor „die Verkehrsführung an Baustellen, Ampelschaltungen und die mangelnde Falschparkerkontrolle“, sagt ADFC-Landeschefin Gudrun Zühlke.

Pforzheim hat deutlich zugelegt

Aber die jüngste Umfrage, die online und per Papierfragebogen im Herbst des vergangenen Jahres vorgenommen wurde, habe im Land auch einige „positive Überraschungen“ erbracht, so Zühlke. So habe sich Pforzheim, dass vor vier Jahren das bundesweite Schlusslicht war, nun in der Gruppe der Städte von 100 000 bis 200 000 Einwohnern auf Platz 31 vorgearbeitet. „In Pforzheim hat sich massiv was getan“, stellt die ADFC-Landeschefin anerkennend fest. Dagegen haben sich Tübingen (3,45) und Leonberg (4,16) deutlich verschlechtert. Und erstmals beim Ranking des Clubs dabei war Rutesheim (Kreis Böblingen), das es in der Gruppe der Städte bis 50 000 Einwohner mit der Note 2,61 gleich auf Platz elf geschafft hat. Dagegen kamen Backnang (Rems-Murr-Kreis) und Donzdorf (Kreis Göppingen) mit den Noten 4,46 und 4,52 in dieser Gruppe nur auf die Plätze 356 beziehungsweise 360.

Die Stadt Stuttgart hat sich beim diesjährigen Ranking der Radlerstädte nochmals verschlechtert, „wie fast schon gewohnt“, so Gudrun Zühlke. Vor zwei Jahren erreichte die Landeshauptstadt Platz 28 der deutschen Großstädte, nun nur noch Platz 33 (Notenwert 4,23, vorher 4,0). Zwar habe sie den Eindruck, „dass Stuttgart tendenziell unterbewertet ist“, sagte die ADFC-Landeschefin am Freitag bei der Vorstellung der Ergebnisse. Auf der anderen Seite aber konstatierte sie: In der Radverkehrspolitik sei Stuttgart „zu mutlos“. Von dem bereits 2009 beschlossenen Radverkehrskonzept seien bisher nur eine Hauptroute und ein paar weitere Teilstücke realisiert. Anders als etwa in München gebe es in Stuttgart trotz der schwierigen Topografie keine E-Bike-Förderung. Und wer den Radverkehr beschleunigen wolle, müsse eben auch Autostellplätze reduzieren und auch einmal eine Autofahrspur in Radstreifen umwandeln.

Verkehrminister sieht eine langfristige Aufgabe

Auffallend an den Ergebnissen, die auf der subjektiven Einschätzung der Radler beruhten, sei, dass die Noten für kleinere Kommunen deutlich schlechter ausgefallen seien als für größere. „Es ist ein Alarmsignal, dass die Radverkehrsförderung des Landes kleinere Kommunen offenbar nicht erreicht“, sagte ADFC-Landesgeschäftsführerin Kathleen Lumma. Es müsse mehr Geld investiert werden, „wenn Baden-Württemberg die Wende schaffen will“. Derzeit würden in der Republik im Schnitt nur fünf Euro pro Kopf und Jahr ausgegeben, nötig seien 30 Euro.

Als fahrradfreundlich zeichnet sich laut ADFC eine Stadt aus, wenn sie über ein durchgängiges, großzügiges und intuitiv verständliches Radwegenetz verfügt. Direkte Verbindungen ermöglichten den Radlern ein zügiges Vorankommen. An stark befahrenen Straßen müsse es einen getrennten Radweg oder eine geschützte Radspur von mindestens zwei Meter Breite geben.

Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) räumte unterdessen ein: „Es braucht kontinuierliche Anstrengungen, um die Städte und Gemeinden schrittweise fahrradfreundlich auszubauen.“