Im Gegensatz zu vielen anderen Brücken im Land ist die Blaue Brücke in Freiburg in gutem Zustand. Foto: dpa

Viele Brücken zollen Schwerlastverkehr Tribut und sind in ungenügendem Zustand.

Stuttgart - Beim letzten großen ADAC-Brückentest vor drei Jahren erwiesen sich viele Bauwerke im Südwesten als marode. Bis heute hat sich daran nicht viel geändert. Die SPD fordert daher nun ein Sonderprogramm zur Brückensanierung.

Die Ironie im SPD-Antrag von Hans-Martin Haller ist nicht zu überlesen: ". . . ist an die Erwartung des Ministerpräsidenten zu erinnern, dass Frau Ministerin Gönner aufgrund ihrer angeblich exzellenten Kontakte in Berlin mehr für unser Land bewirken können soll als ihre Vorgänger."

Den Finger schön in die Wunde der CDU gelegt hat Haller da - weiß er doch genau, wie wenig die CDU ihrem eigenen Anspruch bisher nachkommen konnte. Die Beziehungen von Verkehrsministerin Tanja Gönner in die Hauptstadt mögen besser als die ihres vorsichtigen Vorgängers Rudolf Köberle sein - in barer Münze ausgezahlt haben sie sich bislang nicht. Im Gegenteil: Baden-Württemberg wird vom Bund künftig sogar weniger Geld für Erhalt und Ausbau seiner Straßen zugewiesen bekommen.

Der Aderlass macht sich zunehmend auch bei den Brücken bemerkbar. Vor drei Jahren hatte der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) fast jede zehnte Brücke in Baden-Württemberg als marode moniert. Bis heute hat sich am schlechten Zustand nichts gebessert. Das Stuttgarter Verkehrsministerium listete in dem SPD-Antrag die Benotung der einzelnen Bauwerke auf: 21 von 1511 Autobahnbrücken im Land wurden nach einer DIN-Richtlinie als "ungenügend" eingestuft. Bei den Bundesstraßen sah es etwas besser aus, hier erhielten nur zehn von 2987 Brücken die schlechteste Note. Entlang von Landesstraßen waren 24 von 2755 Übergängen ungenügend. Die häufigste Bewertung waren "befriedigend" und "noch ausreichend", gefolgt von "kritisch". Insgesamt nur wenige Brücken verdienten sich die Bewertung "sehr gut"oder "gut".

"Ungenügend" bedeutet allerdings nicht, dass die Brücke nicht mehr befahrbar wäre. Für keine einzige im Land sei derzeit ein Sperrvermerk vorgesehen, schrieb Verkehrsministerin Tanja Gönner in ihrer Antwort auf die SPD-Anfrage. Sie räumte ein, dass Abnutzungen und Schäden immer häufiger aufträten. Als Grund gab sie den stark gestiegenen Güterverkehr und die immer größeren Lastwagen an. Auch seien viele Brücken in einem kritischen Alter.

Der Großteil wurde nach dem Zweiten Weltkrieg und in einer zweiten Welle in den 60er Jahren errichtet. Da damals 40-Tonner noch nicht die Regel waren (von 60-Tonnen-Gigaliner ganz zu schweigen) und die Brücken entsprechend konstruiert wurden, schritt der Verschleiß umso schneller voran. Feine Risse im Beton und in den Stahlträgern sind heute das Ergebnis.

Die Prüforganisation Dekra und der ADAC werfen Bund, Ländern und Kommunen schon lange Personalmangel und schlampiges Erhaltungsmanagement vor. Vor allem bei den Brücken in kommunaler Obhut - sie unterliegen einer weniger strengen Prüfpflicht als das Eigentum von Land und Bund.

Verkehrsexperte Haller verwies darauf, dass mindestens alle 25 Jahre ein Viertel der Neubaukosten zur Sanierung bereitgestellt werden müssen, um den Standard zu halten. "Wird dies - wie seit Jahren - versäumt, wird es mit jedem Jahr teurer", warnt der SPD-Abgeordnete. Er fordert die CDU-FDP-Landesregierung dazu auf, beim Bund auf ein Sonderprogramm zur Brückensanierung zu drängen. Gönner kündigte an, die Brücken des Landes "grundhaft instand setzen" zu lassen und beim Bund für mehr Mittel für die Brücken an Autobahnen und Bundesstraßen zu werben. Dann kann sie beweisen, dass ihre Kontakte nach Berlin besser sind als von der SPD unterstellt.