Überraschungssieger: Ralph Brinkhaus löst Volker Kauder an der Unions-Frakionsspitze ab Foto: dpa

Die überraschende Abwahl von Volker Kauder als Unions-Fraktionschef trifft auch die Kanzlerin – wenn auch nicht ins Mark, kommentiert unser stellvertretender Chefredakteur Wolfgang Molitor.

Berlin - Jetzt bauen sie in der Unionsfraktion mit rotem Kopf eine ganz hohe Mauer, um die Kanzlerin demonstrativ vor Beschädigungen zu schützen. Ein netter Versuch. Denn die letztlich doch überraschende Abwahl Volker Kauders als Unions-Fraktionschef ist natürlich auch ein Denkzettel für Angela Merkel. Sie hatte ihren seit fast 13 Jahren amtierenden engen Gefolgsmann zur Wiederwahl vorgeschlagen, in dem Wissen, dass auch CSU-Landesgruppenchef gegen jede Form von personeller Neuaufstellung war. Jetzt ist Kauder weg. Und nicht wenigen der 125 Abgeordneten, die für Ralph Brinkhaus stimmten, ist ob ihres erfolgreichen Widerworts ganz blümerant.

Zum ersten Mal seit 1973, als sich Carl Carstens gegen Richard von Weizsäcker und Gerhard Schröder durchsetzte, war bei der Wahl des CDU/CSU-FraktionsChefs nicht nur ein Kandidaten angetreten. Anfangs belächelt und als chancenlos eingeschätzt, entwickelte sich die brave Brinkhaus-Bewerbung nicht zuletzt im Wirbelsturm des Maaßen-Unwetters dann dann aber rasant. Einen Achtungserfolg hatten viele dem 50-jährigen Brinkhaus zuletzt zugetraut, einen Sieg aber ziemlich sicher ausgeschlossen.

Merkel muss der Fraktion signalisieren: Ich habe verstanden

Jetzt hat Merkel es mit einer Fraktion und einem Fraktionschef zu tun, die ihr nach wie vor nicht schaden wollen. Ein Schuss vor den Bug aber ist das Nein zu Kauder für sie allemal. Die Abgeordneten machen klar, dass sie nicht länger nur artig Staffage in einer Problem-Koalition sein wollen. Die Kanzlerin wird daher mehr Überzeugungsarbeit leisten, mehr auf das Echo aus den Wahlkreisen hören müssen. Kauders Klatsche sollte sie treffen, wenn auch nicht ins Mark. Ist Merkel klug, sendet sie deshalb schnell ein neues Signal in die murrende Fraktion. Und das kann nur heißen: Ich habe verstanden.