Holger Badstuber geht in die Knie. Geht der Verteidiger des VfB Stuttgart auch mit in die zweite Liga? Foto: dpa

Beim Abstieg vor drei Jahren musste die sportliche Führung beim VfB Stuttgart neu aufgestellt werden – dieses Mal scheinen viele Weichen im Haus der Roten bereits gestellt. Ist dieses Mal also alles anders?

Stuttgart - Vor drei Jahren tat man sich schwer mit der Vorstellung, wie das denn so ist bei einem Abstieg aus der Fußball-Bundesliga. Kein Wunder – lag der letzte Absturz doch Jahrzehnte zurück. 1975 war der VfB Stuttgart erstmals aus der Bundesliga abgestiegen. Es folgte 2016 Teil zwei – doch die Zeiten ließen sich nur schwer vergleichen. Nun ist das anders.

2016: Der VfB erfindet sich neu und entfacht Euphorie

Wie heute war der Abstieg alles andere als eine logische Folge der Leistungsstärke der Mannschaft. Im März war nach einem Zwischenspurt noch die Europa League ein Thema gewesen. Dann ging gar nichts mehr. Und als der Abstieg besiegelt war, gingen ganz viele. Kurz nach dem Abstieg am letzten Spieltag stand der Club ohne sportliche Führungsmannschaft da. Trainer Jürgen Kramny musste gehen. Präsident Wahler zog sich – nachdem die finanziellen Bedingungen eines Rücktritts geklärt waren – selbst aus dem Verkehr. Sportvorstand Robin Dutt kämpfte zunächst um seinen Posten – vergebens. Auch er musste gehen.

Geblieben waren die Vorstände Stefan Heim (Finanzen) und Jochen Röttgermann (Marketing), die zusammen mit dem Aufsichtsrat (Martin Schäfer, Wilfried Porth, Hartmut Jenner) den Neuaufbau planten. Nicht ohne Einschränkungen.

Weil die finanzielle Lage ob der zu erwartenden Einbußen prekär war, brauchte es Einkünfte aus Spielerverkäufen. Timo Werner ging für rund zehn Millionen Euro nach Leipzig, Filip Kostic für über 15 nach Hamburg. Zahlreiche weitere Spieler verließen den Club, wichtigste Neuverpflichtung war zunächst Simon Terodde. Als Coach wurde Jos Luhukay geholt, erst danach Sportchef Jan Schindelmeiser, später wurde Wolfgang Dietrich Präsident. Das Kapitel Luhukay war schnell beendet, es kam Hannes Wolf. Trotz aller Schwierigkeiten klappte es mit dem Aufstieg – auch weil die Fans vom Start weg eine große Euphorie entfachten.

2019: Die Führungsmannschaft steht – das Team auf dem Platz noch lange nicht

Auch in dieser Saison herrschte lange die vermeintliche Gewissheit, der VfB sei zu stark, um abzusteigen. Man wurde eines Besseren belehrt – und steht nun vor einem Scherbenhaufen. Zumindest atmosphärisch. Finanziell ist der Club vernünftig aufgestellt und kann die Einbußen ganz gut auffangen. Einerseits durch die 2017 vollzogene Ausgliederung – Daimler kaufte Anteile für 41,5 Millionen Euro –, andererseits durch weitere zu erwartende Einnahmen. Der Transfer von Benjamin Pavard zu den Bayern bringt 35 Millionen Euro, geht Ozan Kabak, kommen weitere 15 Millionen Euro in die Kasse. Dazu könnte ein weiterer Investor – Präsident Dietrich will ihn bis 30. Juni präsentieren – noch einmal frisches Kapital zuschießen. Dringend erforderliche infrastrukturelle Maßnahmen, etwa die Modernisierung der Trainingsanlagen, sind bereits zwischen 2017 und 2019 getätigt worden.

Fix ist die sportliche Führungsmannschaft. Thomas Hitzlsperger hat das Amt des Sportchefs im Februar übernommen, Sportdirektor Sven Mislintat kam Anfang Mai dazu, gemeinsam entschied sich das Duo für Tim Walter als neuen Trainer. Wie das Team aussehen wird, ist dagegen noch völlig offen. Klar ist nur: Notverkäufe wird es keine geben. Präsident Dietrich ist zwar bei Teilen der Fans höchst umstritten, will aber im Amt bleiben. Klar scheint, dass eine ähnliche Euphorie wie 2016 nach dem neuerlichen Absturz erst einmal undenkbar ist. Dafür wurde zu viel Vertrauen verspielt.