TVB-Trainer Jürgen Schweikardt setzt auf Konkurrenzkampf. Foto: Baumann

Der TVB Stuttgart bestreitet am Sonntag gegen den HC Erlangen sein letztes Saisonspiel in der Handball-Bundesliga. Nach Michael Kraus in der Winterpause verlassen weitere acht Spieler den Verein.

Stuttgart - Der TVB Stuttgart hat auch im vierten Jahr den Klassenverbleib in der Handball-Bundesliga geschafft – dennoch herrscht Abschiedsstimmung am Sonntag. Denn die bereits ausverkaufte Partie gegen Erlangen ist gleich für acht Spieler die letzte im Trikot der Wild Boys. Es ist der größte Umbruch – aller Bundesligisten. Eingeleitet wurde er ja quasi schon im Februar mit Michael Kraus’ (35) kurzfristigem Abschied nach Bietigheim. „Zum einen brauchen wir etwas Blutauffrischung“, sagt Trainer und Geschäftsführer Jürgen Schweikardt, „zum anderen wollten wir die Mannschaft verjüngen.“ Zumal auch nächste Saison mit „Jogi“ Bitter, Manuel Späth und Dominik Weiß drei U-30-Akteure im Kader stehen werden.

Ob der Zeitpunkt passt? Weiß man nie. Wie an der Börse ist ein bisschen Spekulation dabei. Wobei die Kennzahlen nicht ganz schlecht sind. Sämtliche Neuzugänge sind in einem guten Handball-Alter, haben sich teilweise schon internationale Meriten verdient, „und sicher alle noch Potenzial nach oben“, so Schweikardt, der vor allem den Konkurrenzkampf ankurbeln will. „Zuletzt hat sich die Mannschaft oft fast vor allein aufgestellt.“ Das geht an die Substanz, so dass nach dem frühzeitigen Klassenverbleib sieben Spiele lang die Siege ausgeblieben sind: „Das ist bitter, weil die Leistungen einen besseren Platz als 15 verdient hätten“, so der Coach.

Faluvegi ist schon verletzt

Aber letztendlich zählen Ergebnisse. Und die müssen auch nächste Saison erst einmal stimmen. Das wird kein Selbstläufer. „So ein Umbruch geht nicht von heute auf morgen“, warnt Schweikardt schon einmal, weil gerade im Handball die Feinabstimmung zählt, die Laufwege, das blinde Vertrauen zum Nebenmann. „Meine Aufgabe ist es, so schnell wie möglich eine Mannschaft zu formen.“

Deshalb stehen in der Vorbereitung vergleichsweise viele Testspiele auf dem Programm und im Trainingslager in Österreich wird im Gegensatz zur Vergangenheit nicht nur Krafttraining absolviert, sondern auch der Ball im Spiel sein. Speziell bei den Rechtshändern dürfte ein Kampf um die Plätze entbrennen, auf Rückraum links und Mitte tummeln sich gleich fünf Mann. Darunter auch Rudolf Faluvegi, der Ungar mit der besten Vita. Schließlich stand der 25-Jährige im Vorjahr mit dem HBC Nantes im Final Four der Champions League, ehe ihn eine Schulterverletzung zurückwarf, so dass er zuletzt bei Cesson Rennes Spielpraxis sammelte. „Ohne die Vorgeschichte hätten wir so einen Spieler nie bekommen“, sagt Schweikardt, wobei es eine Fortsetzung gibt. Bereits vor zwei Wochen wurde er (in Stuttgart) am Sprunggelenk operiert und fällt noch zehn Wochen aus, bis zum Saisonstart könnte es gerade so reichen.

Zudem fallen aktuell beide Linkshänder – David Schmidt (Leistenprobleme) und Robert Markotic (Knieprobleme) – aus, die damit ebenfalls gehandicapt in die Vorbereitung gehen. Und auf der Torwartposition sollte sowieso nichts passieren. Hinter Bitter wird Eigengewächs Nils Lehmann aufgebaut, doch bei einem längeren Ausfall des Routiniers „müssten wir nachverpflichten“, sagt Schweikardt. „Wir haben jeden Spieler individuell beurteilt“, so hätte der Verein den Rechtsaußen Bobby Schagen gerne behalten, doch der Niederländer ist in Lemgo nicht nur näher an der Heimat, sondern konnte das lukrativere Angebot wohl auch nicht ausschlagen.

Platz 15 – mehr geht nicht

Von der individuellen Klasse her dürfte der Kader trotzdem höher einzuschätzen sein, doch das kommt nur zur Entfaltung, wenn die Mannschaft funktioniert. Deshalb gibt Schweikardt erst mal das Ziel Klassenverbleib aus, auch wenn er nur allzu gut weiß, dass die Ansprüche gerade in Stuttgart relativ hoch sind, weshalb alle Neuzugänge gleich Zweijahresverträge bekommen haben, um eine kontinuierliche Aufbauarbeit zu sichern und spätestens übernächste Saison die Früchte zu ernten.

In Deutschland ist das nicht ganz einfach, weil das Motto „stärkste Liga der Welt“ zwar nicht mehr für die Spitze gilt, in der Breite (mit dem TVB) aber allemal. „Ich denke schon, dass wir uns auch in dieser Saison weiter entwickelt haben“, sagt der Trainer mit Blick auf beispielsweise zwei Siege gegen MT Melsungen. Fünf, sechs Punkte mehr wären drin gewesen, dann wäre die Mannschaft Neunter. So ist sie 15. – und damit sogar einen Platz schlechter als die beiden Vorjahre. Auch das spricht für den Umbruch.

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