Bewohner kämpfen für den Erhalt der Klinikums-Wohnheime am Cannstatter Prießnitzweg. Die Stadt weist die Vorwürfe vehement zurück. Foto: Oliver Willikonsky - Lichtgut

Stadt, SWSG und Klinikum wehren sich gegen Vorwürfe, durch den Abriss und Neubau von Personalwohnungen Fachkräfte zu vertreiben. Dabei fallen deutliche Worte in Richtung der Beschwerdeführer.

Stuttgart - Es muss mächtig Ärger geben im Rathaus, wenn ein solches Aufgebot zum Pressegespräch antritt. Auf den Stühlen im Besprechungsraum nehmen der Erste Bürgermeister Michael Föll und der Chef der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG), Samir Sidgi, Platz. Mitgebracht haben sie den kaufmännischen Vorstand des Klinikums, Alexander Hewer, und dessen Personalratsvorsitzenden Jürgen Lux. Eine illustre Runde, die angetreten ist, um Vorwürfe zu entkräften, die die Verantwortlichen aus heiterem Himmel getroffen haben. Ganz zu deren Unverständnis.

Es geht um Personalwohnungen des Klinikums, die die Stadt im Herbst 2017 an die SWSG verkauft hat. Die hat unter breiter Zustimmung des Gemeinderats und aller beteiligter Institutionen alle fünf Standorte begutachtet und ein Konzept erstellt. Es sieht vor, dass vier davon saniert werden. Der mit Abstand größte im Cannstatter Prießnitzweg soll einem Neubau weichen. Die drei bestehenden Blocks, rund 50 Jahre alt, sollen so ersetzt werden. Aus 302 Wohnplätzen sollen 400 werden. Nur: Die bisher extrem günstigen Mieten werden steigen, die Mieter brauchen Ersatzwohnraum. Der werde kaum angeboten, kam zuletzt Kritik von Mieterseite. Die Stadt vertreibe auf diese Weise dringend benötigtes Fachpersonal. Es habe bereits Kündigungen gegeben.

Dem widersprechen die Versammelten vehement. „Es gibt immer wieder Mitarbeiter, die aus Stuttgart abwandern, weil sie mit der Wohnsituation nicht klarkommen“, sagt Lux. Das habe aber nichts mit dem Neubau am Prießnitzweg zu tun. Der Mitarbeitervertreter betont, man habe das Konzept mitentwickelt, den Kollegen vorgestellt und dafür viel Beifall bekommen. Alle, die in Bad Cannstatt in jüngster Zeit mit befristeten Verträgen eingezogen sind, hätten gewusst, dass die drei Häuser abgerissen werden. Man habe diese Variante bewusst gewählt, um die Gebäude möglichst lange belegen zu können. Die „öffentliche Front“, die von dort jetzt aufgebaut werde, sei extrem ärgerlich: „Das fügt dem Klinikum Schaden zu. Es gibt bei diesem Wohnprojekt keinen Skandal“, sagt Lux. Der überwiegende Teil der Mitarbeiter sei mit dem Konzept sehr zufrieden.

Zahl der Plätze geht kaum zurück

Auch Bürgermeister Föll kann die Kritik nicht nachvollziehen. Nach allen Maßnahmen werde es für das Klinikum knapp 800 Personalwohnplätze geben. Das sei die Größe, auf die sich alle verständig hätten. Man habe zudem nachgesteuert, sodass die Zahl der Plätze während der Bauphasen nicht wie ursprünglich vorgesehen auf 555 sinkt, sondern nur noch auf 762. Man staffele dafür die Maßnahmen und die SWSG biete Ersatzwohnraum an. Die Mieten seien nachher höher, aber in einem absolut vertretbaren Rahmen. Dazu gebe es moderne Unterkünfte. Die Stadt subventioniere sie mit 30 Millionen Euro. „Nach solchen Verhältnissen schlecken sich andere Krankenhäuser alle Finger“, betont Föll.

Klinikumsvorstand Hewer bekräftigt, man habe gemeinsam mit der SWSG alle Mitarbeiter, die bisher ausgezogen sind, versorgen können. „Wir lassen unsere Leute nicht im Regen stehen. Wir wollen ja Personal gewinnen“, sagt er. Und SWSG-Chef Sidgi erklärt, die Wohnungen in Cannstatt seien schon allein deshalb nicht zu sanieren, weil man die vorhandenen Zimmer ohne Bad und Küche durch moderne Appartements ersetze. Zudem gehe es um eine nachhaltige und kostendeckende Bewirtschaftung. „Niemand muss Angst haben, auf der Straße zu landen, weil eine Baumaßnahme ansteht“, so Sidgi.

Föll vermutet hinter der Kritik der SWSG-Mieterinitiative ganz andere Gründe. „Da kocht die Linkspartei, die dem Konzept selbst zugestimmt hat, vor der Kommunalwahl ein politisches Süppchen und manche Mieter lassen sich dafür missbrauchen.“ Ursel Beck von der Mieterinitiative sagt dazu: „Wenn das stimmen würde, würde ich seit neun Jahren nur Wahlkampf machen.“ Bei einer Ortsbegehung hatte Linken-Stadtrat Tom Adler angekündigt, die Diskussion im SWSG-Aufsichtsrat neu aufzurollen.