Polizeifahrzeuge stehen vor der Konzernzentrale des Autoherstellers in Ingolstadt. Foto: dpa

Im Zuge des VW-Abgasskandals muss die Konzerntochter Audi die mittlerweile dritte Durchsuchung über sich ergehen lassen. Darum geht es dieses Mal.

Ingolstadt/Neckarsulm - Ermittler geben sich in Audi-Geschäftsräumen und Wohnungen von Mitarbeitern mittlerweile die Klinke in die Hand. Mit 18 Staatsanwälten und zahlreichen Beamten der Landeskriminalämter von Bayern und Baden-Württemberg ist die Justiz diesmal am Audi-Sitz in Ingolstadt und im Werk Neckarsulm zu einer neuerlichen Großrazzia angerückt, gab die Münchner Staatsanwaltschaft bekannt.

Audi bestätigte die Durchsuchungen, von denen auch die Privatwohnung eines Audi-Mitarbeiters betroffen war. Dabei sei es um illegale Vorrichtungen zur Manipulation von Abgaswerten von Dieselmotoren für den europäischen Absatzmarkt gegangen, erklärte Oberstaatsanwältin Andrea Meyer. Bei einer Razzia vorigen Mittwoch in Privatwohnungen von Audi-Mitarbeitern hatten dagegen in den USA verkaufte Dieselmodelle im Fokus gestanden.

Erste Durchsuchung bei Audi war vor knapp einem Jahr

Das erste Mal waren Ermittler vor knapp einem Jahr zur damaligen Bilanzvorlage von Audi am Ingolstädter Firmensitz zu einer Razzia vorstellig geworden. Seitdem weiten sich die Untersuchungen der Staatsanwälte immer mehr aus. Die Zahl der Beschuldigten ist von ursprünglich vier bis vorige Woche auf 13 derzeit oder früher bei der VW-Tochter beschäftigte Mitarbeiter gewachsen. Nun ist noch ein weiterer Beschuldigter dazugekommen. Ein Audi-Manager in Vorstandsrang ist weiterhin nicht darunter, betont die Staatsanwaltschaft. Allerdings sitzt seit vorigen September mit Wolfgang Hatz ein früherer Porsche-Vorstand in Untersuchungshaft. Vor seiner Zeit bei Porsche war er im VW-Konzern für die Motorenentwicklung verantwortlich.

Zudem führt die Münchner Staatsanwaltschaft wegen der Straftatbestände Betrug und strafbare Werbung im Zusammenhang mit den Abgasmanipulationen ein Bußgeldverfahren gegen noch unbekannte Audi-Vorstände sowie gegen das Unternehmen als Nebenbeteiligte. Mit den bislang drei Razzien wollen die Ermittler auch herausfinden, wie weit nach oben in der Audi-Hierarchie die Verantwortung für die vorgeworfenen Straftaten geht.

Zeugen könnten versuchen, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen

Mehrere Zeugen, die allerdings selbst von der Staatsanwaltschaft beschuldigt werden und eventuell nur versuchen, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, haben angeblich bei Vernehmungen Personen aus dem Audi-Vorstand um Konzernchef Rupert Stadler beschuldigt, früh von den Praktiken gewusst zu haben. Stadler und Audi bestreiten das bis heute. Auch haben interne Audi-Ermittler keine Anhaltspunkte für ein frühes Mitwissen Stadlers gefunden. In Justizkreisen ist von Verdachtsmomenten gegen Vorstände die Rede, die allerdings nicht ausreichen, um sie in den Kreis der Beschuldigten aufzunehmen. Nun hat die Justiz weiteres umfangreiches Material auch aus dem Vorstandsbereich in der Ingolstädter Zentrale beschlagnahmt.

Audi betont, mit der Staatsanwaltschaft ohne Einschränkungen zu kooperieren. Die beiden Razzien der vergangenen sieben Tage sprechen indessen eine andere Sprache. Die Ermittler folgen dabei offenkundig auch Erkenntnissen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA). Das hatte zuletzt bei mehreren Audi-Modellen, die in Deutschland und anderen Ländern Europas verkauft wurden, wegen einer unzulässigen Software zur Abgasregulierung Rückrufe verlangt. Vor einem Jahr bei der ersten Audi-Razzia war es noch um 80 000 Dieselautos gegangen, die in den USA verkauft worden sind. Mittlerweile ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft wegen mindestens 210 000 seit 2009 auch in Europa verkaufter Modelle. Und noch ist ein Ende der Ermittlungen nicht in Sicht.