Anziehungspunkt im Europaviertel: das Milaneo Foto: Lichtgut/Michael Latz

Seit dem Start wird dem Einkaufscenter Milaneo Misserfolg nachgesagt. Doch Centermanagerin Andrea Poul widerlegt die Gerüchte mit Zahlen: Im Jahr 2017 seien im Schnitt täglich mehr als 30 000 Besucher gekommen.

Stuttgart - Es ist schon eine Weile her, als der Großmetzger Wilhelm Dietz mit seiner Insolvenz in den Schlagzeilen war. Aufsehen erregend waren damals die von Dietz genannten Gründe, die zum Firmen-Aus geführt haben. Unter anderem machte er gegenüber unserer Zeitung sein Engagement im Einkaufscenter Milaneo dafür verantwortlich. Am Ende seien ihm die hohen Mieten zum Verhängnis geworden. Sie würden in keinem Verhältnis zur Besucherfrequenz stehen, zudem habe auch dort der Internethandel Spuren hinterlassen.

Dietz: „Als das Milaneo aufgemacht hat, haben wir das, wie viele andere auch, anders bewertet. Nahe meiner Filiale war eine S-Bahn-Haltestelle eingezeichnet. Ich dachte, da kann nicht viel schiefgehen. Heute muss ich sagen: Das Milaneo ist ein Vollflop – und die Haltestelle gibt es noch immer nicht.“

Starker Tobak, den Milaneo-Center-Managerin Andrea Poul so nicht stehen lässt. „Diese Kritik kann ich nicht nachvollziehen“, sagt sie.

Primark läuft weiterhin gut

Doch Dietz setzt noch eins oben drauf: „An uns hat es definitiv nicht gelegen, dass der Laden im Milaneo nicht lief. Wir haben alles versucht. Aber ich bin nun mal nicht David Copperfield. Rückblickend stelle ich fest: Es wurde ein Eindruck erweckt, der nicht stimmt. Nicht umsonst steht im Milaneo ein Drittel der Mieter auf der Kippe. Ich betrachte das Milaneo als gescheitert.“

Im Milaneo selbst wirkt die Lage anders. Die Gänge sind voll, die Frequenz scheint zu stimmen. Am Beispiel Primark wird deutlich, dass das Center seine Anziehungskraft auf bestimmte Käuferschichten nicht verloren hat. Im Gegensatz zum neu eröffneten Standort auf der Königstraße brummt hier das Geschäft in der Mall. Eine Mitarbeiterin der irischen Billig-Mode-Kette bestätigt hinter vorgehaltener Hand: „Die Königstraße läuft nicht so gut wie erwartet. Die Leute schätzen diesen Standort Milaneo, weil sie hier im Center an einem Platz alles bekommen.“

Eine nicht repräsentative Umfrage dieser Zeitung bestätigt das. Wohin man auch hört, fast jede Verkäuferin gibt die typische Händlerantwort: „Wir sind zufrieden, aber es kann immer besser laufen.“ Freilich sind der Umsatz und die Zufriedenheit vom Sortiment und von der jeweiligen Branche abhängig. Experten sagen: Sport und Elektro laufen im Center traditionell schlecht, einzelne Modeanbieter tun sich ziemlich schwer – so wie überall in der City.

Viele neue Konzepte im Milaneo

Die offizielle Lesart von Andrea Poul lautet: „Wir haben sehr viele Mieter, die zufrieden mit dem Milaneo sind.“ Sie nennt das Beispiel Zara. Der Textilhändler habe seine Mietfläche deutlich vergrößert, Only sei innerhalb des Centers umgezogen und habe sich ebenfalls vergrößert. „Zudem konnten wir Yemen Kahvesi für das Milaneo begeistern. Ein türkisches Filialkonzept, das seinen Markteintritt in Deutschland im Milaneo beginnt.“

Aber nicht nur im Modebereich verweist Poul auf gute Entwicklungen: „Starbucks hat bei uns ein zweites Konzept, ein Kioskcafé eröffnet. Wir sind mit nur einem Kinderkonzept gestartet, jetzt haben wir drei. Und wir konnten Opel für seinen ersten Store in einem Shoppingcenter gewinnen.“ Ein regionaler Café -Betreiber habe im Milaneo zusätzlich einen amerikanischen Süßwarenshop eröffnet, Footlocker seinen ersten Kinder-Shop aufgemacht, Deichmann sei mit neuem Konzept gestartet und Hilfiger Denim sowie Calvin Klein Underware seien ganz neu hinzu gekommen.

Poul untermauert diese Aufzählung mit Zahlen: „Die Wechselquote liegt unter vier Prozent jährlich. In dieser Zahl sind auch Konzepte enthalten, die Deutschlandweit von Insolvenzen oder Konsolidierungsmaßnahmen betroffen sind. Zum Beispiel Base, Pieces, Gerry Weber, Zero, Bonita Man, Promod und Care Energie.“

Auch auf die angeblich gesunkene Passantenfrequenz geht Centermanagerin Andrea Poul ein: „Der Tagesdurchschnitt lag im Jahr 2017 bei 30 193 Besuchern, das ist ein Plus von einem Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Dezember hatten wir trotz der Primark-Eröffnung auf der Königstraße ein Plus von 8,4 Prozent.“ Am Ende ihrer Bilanz legt Poul die Stirn in Falten und blickt einem tief in die Augen, als wolle sie zum Gegenüber sagen: „Hören sich diese Fakten nach einem Vollflop an?“