Für ihr Geburtstagskonzert haben Kai Müller und sein Chor TonArt ein Comedian-Harmonists-Überraschungspäckchen geschnürt. Foto: factum/Granville

Den Chor TonArt gibt es seit 25 Jahren. In all den Jahren hat er es geschafft, dem Zeitenwandel und Befindlichkeiten zu trotzen. Jetzt lädt er zu einem großen Konzert ins Ludwigsburger Forum am Schlosspark.

Ludwigsburg - Die rapide gesunkene Halbwertszeit von Ehen ist ein ganz guter Vergleich, meint Kai Müller. „Goldene und diamantene Hochzeiten wird’s in Zukunft nicht mehr so viele geben. Und die Chorlandschaft, wie wir sie heute kennen, auch nicht mehr“, sagt der Chorleiter. Liedertafeln und Sängerkränze, die 100, 125 oder 150 Jahre erreichen – ein verklingendes Kulturgut? Müller findet es schon allen Jubels wert, dass sein Kammerchor TonArt Ludwigsburg an diesem Samstag zum 25er-Fest die Korken knallen lassen kann. Gefeiert wird das mit Schabernack auf gehobenem Klangniveau – mit einem Comedian-Harmonists-Programm.

Dass der Chor, 1994 als „Young Voices – die junge Singgemeinschaft für die Region Ludwigsburg“ gegründet, mit seinen knapp 20 Mitgliedern das Vierteljahrhundert voll bekommen hat, dürfte nicht zuletzt an Müller selbst liegen: Der Stuttgarter ist nicht nur musikalischer Tausendsassa, sondern auch eine echte Rampensau. Sogar am leicht verstimmten Flügel im wenig inspirierenden Ambiente des Ditzinger Fuchsbaus – hier arbeitet der eigentlich in der Ludwigsburger Karlskaserne probende Chor am Feinschliff für das Jubiläumskonzert – läuft der Pianist und Dirigent zur Entertainer-Hochform auf und klopft Sprüche im Stakkato. „Er ist schon der Hauptgrund, warum ich hier mitsinge“, bekennt Betina Grützner, die seit 2002 mit von der Partie ist. Dazu komme, sagt die TonArt-Vorsitzende Karin Willet-Darcis, „die überschaubare Größe. Beim Singen kommt auf jeden an. Das gefällt mir“.

Kontinuität ist kein Selbstläufer

Trotzdem ist Kontinuität im Chor kein Selbstläufer. Um die 150 Choristen, schätzt Müller, sind in den 25 Jahren bei TonArt gekommen und gegangen. Das liegt nicht nur an beruflichen Veränderungen, die dem Dauerhaftigkeits-Gedanken mitunter einen Strich durch die Rechnung machen. Verbindlichkeit war gestern: „Versuchen Sie mal, für eine längerfristige Planung freie Termine abzufragen“, schnaubt der Chorleiter, dessen fideler Ton bei diesem Thema eine fatalistische Eintrübung bekommt. „Da kriegen Sie die Krise.“ Die einen wollten sich nicht festlegen, „es könnte ja kurzfristig noch was Besseres kommen“, die nächsten cancelten Proben- und Konzerttermine, weil Feste mit Freunden oder Familie dazwischenkommen oder sie kurzfristig Taufpaten werden.

Kai Müller, Herr über eine Vielzahl weiterer Chöre, meint nicht dezidiert sein Ensemble TonArt, er sieht die Entwicklung als gesellschaftliches Phänomen. „Für Leute, die schon lange in der Chorszene tätig sind, ist es manchmal erstaunlich, wie mittlerweile die Prioritäten gesetzt werden.“ Gerade in Chören, in denen junge, engagierte Leute nachkämen, mache so eine Haltung viel Elan kaputt. Aus Müller spricht bei dieser Anmerkung übrigens beileibe nicht das abgeklärte Alter: Er ist Jahrgang 1970.

Immer für Überraschungen gut

Was die Treue der TonArtisten zu ihrem Chor fördert, ist der für Berufstätige komfortable Probenturnus: Statt an einem festen Wochenabend üben sie einmal monatlich samstagnachmittags. „Musikalisch sind wir quer durch den Garten unterwegs“, sagt Müller. Ansprechend und anspruchsvoll soll das Repertoire sein, aber nicht zu experimentell, sondern für versierte Amateure gut zu bewältigen. Zudem will der Chor stets für Überraschungen gut sein. Auch am Jubiläumsabend. Comedian-Harmonists-Hits wie „Mein kleiner grüner Kaktus“ und „Veronika, der Lenz ist da“ kennt jeder. Gerade deshalb gibt es sie am Samstag nicht zu hören. Dafür aber Lieder wie „Blumentopf“, „Mein Onkel Bumba“ oder einen Song, den Chorsänger eins zu eins auf ihr Hobby übertragen können: „Es führt kein andrer Weg zur Seligkeit“.