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In der CDU/FDP-Koalition wird damit gerechnet, dass die Regierung angesichts der einbrechenden Steuereinnahmen neue Kredite von bis zu 2,5 Milliarden Euro aufnehmen muss.

Stuttgart - Neue Hiobsbotschaft kurz vor der Bundestagswahl: Das Land Baden-Württemberg steuert im kommenden Jahr wegen der Wirtschaftskrise auf eine Rekord-Neuverschuldung zu. In der CDU/FDP-Koalition wird damit gerechnet, dass die Regierung angesichts der einbrechenden Steuereinnahmen neue Kredite von bis zu 2,5 Milliarden Euro aufnehmen muss, hieß es am Samstag in Stuttgart aus Koalitionskreisen.

Das zentrale Ziel von Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), auch 2010 ohne neue Schulden auszukommen, sei bei weitem nicht zu halten. Zuletzt hatten Union und FDP im Jahr 2001 laut Statistischem Landesamt mit knapp 2,4 Milliarden Euro annähernd so viele neue Schulden gemacht; 2004 waren es rund 2,3 Milliarden Euro.

Baden-Württembergs Finanzminister Willi Stächele (CDU) warnte angesichts der Zahlen vor wilden Spekulationen: "Es geht darum, für 2010/11 im Lichte der konjunkturellen Entwicklung Eckdaten zu erstellen und Sparmöglichkeiten auszuschöpfen", sagte er der dpa. "Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte bleibt oberstes Ziel." Die November-Steuerschätzung werde abschließende Klarheit bringen. Spekulationen über eine drohende Rekord-Neuverschuldung des Landes wies er als "hanebüchen" und "unseriös" zurück.

Derzeit laufen die Vorbereitungen für den Doppelhaushalt 2010/11, bei dem mit riesigen Deckungslücken gerechnet wird. Bereits in der mittelfristigen Finanzplanung sind Ausgaben von jeweils etwa drei Milliarden Euro in beiden Jahren nicht gedeckt. Zudem befürchtet die Koalition, dass es in beiden Jahren Steuerausfälle infolge der Wirtschaftskrise und geplanter Entlastungen von rund 3,8 Milliarden Euro geben könnte.

Stächele hatte bereits eingeräumt, dass die Nullverschuldung 2010 nicht zu halten sei, war aber von Oettinger zurückgepfiffen worden. Es gilt als möglich, dass der Regierungschef den Sparkurs noch weiter verschärft. Viel mehr als die bisher genannten 600 Millionen Euro sei aber bei den Ministerien nicht zu holen, hieß es in den Koalitionskreisen.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke betonte, die Koalition wolle - wenn möglich - auch 2010 ohne neue Schulden auskommen. Auch er will will die Steuerschätzung Anfang November abwarten. Deshalb müsse die Regierung den für Dienstag geplanten Beschluss über die Eckwerte des Haushalts 2010/2011 auf November verschieben. "Es macht keinen Sinn, vorher irgendwelche Beschlüsse zu fassen", sagte Rülke. Das sehe der Finanzminister genauso. Mit den Eckpunkten müsste auch die geplante Neuverschuldung auf den Tisch gelegt werden. Zudem bekämen die Ministerien Vorgaben, in welcher Höhe von ihnen Einsparungen erwartet werden.

Es sei nun Aufgabe der Haushaltsstrukturkommission, die Weichen für den Doppeletat zu stellen. Das Gremium besteht aus Oettinger, Stächele, den Fraktionschefs der Koalitionsfraktionen und deren finanzpolitischen Sprechern.

Zum Sparkurs sagte Rülke: "Der Finanzminister hat mal 600 Millionen Euro als Mindesthausaufgabe mitbekommen. Da es sich um einen qualifizierten und durchsetzungsstarken Minister handelt, schließe ich nicht aus, dass er noch mehr erreicht."

Im vergangenen Jahr hatte Baden-Württemberg seinen Haushalt erstmals seit 36 Jahren ohne neue Kredite finanziert. Auch 2009 will Stächele mit Hilfe von Überschüssen des vergangenen Jahres die Netto-Null einhalten. Neben Stächele hatten auch andere führende Politiker der Koalition bereits eingeräumt, dass es sehr schwer werde, ohne neue Kredite auszukommen. So hatte CDU-Fraktionschef Stefan Mappus erklärt, er befürchte, dass die Steuerschätzung im November noch schlechter ausfällt als bisher angenommen.