Kühle Nächte lassen die Blätter in diesem Jahr schon früh fallen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Monate September 2017 war im langjährigen Durchschnitt fast ein Grad zu kalt. Im Vergleich zum Rekord von 2016 fehlen sogar satte 4,3 Grad.

Stuttgart - Der September ist erfahrungsgemäß der Monat, in dem sich der Schwabe mit seinem Nachbarn gern einen beinharten Kampf um die wahre Sparsamkeit liefert. Wer verliert als Erster die Nerven? Wer zieht am Morgen im Bad dann doch die Skiunterwäsche aus und schaltet zum Zähneputzen die Heizung an? Das Energiesparen im Frühherbst ist traditionell eine urschwäbische Herausforderung, die zudem den häuslichen Frieden gefährdet. Der Wunsch nach Wärme kann zwar von einzelnen Bewohnern vorgetragen werden, kollidiert aber oft mit dem bockelharten Willen des Haushaltsvorstands, der erst dann den Regler auf warm stellt, wenn er beim Kamin des Nachbarn Rauch gesichtet hat.

Der Oktober soll nochmal mit Wärme glänzen

In September 2017 war der Kampf um häusliche Wärme besonders häufig und heftig, weil der meteorologisch erste Herbstmonat mit seinen 13,8 Grad Celsius im Durchschnitt im Vergleich zum langjährigen Mittel um 0,9 Grad zu kalt war. Nach dem Januar ist der September allerdings erst der zweite Monat in diesem Jahr, der mit weniger als dem Mittelwert aus dem Rennen geht. „Insgesamt ist 2017 aber immer noch etwa 1,6 Grad zu warm“, erklärt Christian Kronfeldner. Ob der kühle September auf einen strengen Herbst schließen lässt, ist noch offen. „So wie es aussieht, wird es Mitte kommender Woche erst einmal wieder wärmer“, sagt der Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst (DWD).

Der September fühlte sich besonders für all jene deutlich zu kühl an, die über ein gutes Gedächtnis verfügen. Exakt vor einem Jahr präsentierte sich der erste Herbstmonat lange Zeit hochsommerlich, der September 2016 war mit 18,1 Grad im Durchschnitt der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1951 und satte 4,3 Grad wärmer als der aktuelle September. 4,3 Grad im Durchschnitt sind meteorologisch eine Welt. Und spürbar.

Während die Stadt Stuttgart vor einem Jahr trotz tagelanger Temperaturen um die 30 Grad pünktlich mit Ferienende vier von fünf Freibädern schloss und sich damit den Zorn vieler Bürger und auch etlicher Stadträte zuzog, trauerten in diesem Jahr unter dem Einfluss von Tief Quasimodo bei 18 Grad und Regen nur die wetterunabhängigen Schwimmer der zu Ende gehenden Badezeit unter freiem Himmel nach.

Der Wind tanzt ein wenig aus der Reihe

Und so ging zum Herbstauftakt ein kühler Monat zu Ende, der meteorologisch ansonsten ziemlich normal war. Beim Regen bedeuteten die an der Wetterstation Schnarrenberg gemessenen 53,1 Liter 99,6 Prozent des langjährigen Mittels, die Sonne machte sich mit 142 Stunden gegenüber normalerweise 166 Stunden ein wenig rar, aber das waren immer noch gut 85 Prozent eines durchschnittlichen Septembers. Ein wenig aus der Reihe tanzte der Wind. Ausläufer eines Sturmtiefs ließen Mitte des Monats Böen mit Windstärke 8 über die Stadt brausen. Aber das war es dann schon mit Auffälligkeiten.

Bis eben auf die Temperatur, die deutlich unter dem Schnitt lag. Wobei es auch da noch tiefer ging: Der September 1972 steht mit 11,3 Grad im Schnitt an der Spitze der Bibberliste. Damals, kurz vor der Ölkrise 1973, kostete ein Liter Heizöl im Schnitt zwölf Pfennig. Die Kontroverse um die Frage „Heizen ja oder nein?“ dürfte also ein wenig kürzer ausgefallen sein, als jetzt im kältesten September seit 2010.

Ob der unterkühlte Herbst-Start 2017 nun auch ein Fingerzeig für den Winter ist? DWD-Meteorologe Kronfeldner kann seriös dazu noch nichts sagen, die langfristigen Prognosen, die sein Rechner aktuell anbietet, lassen ihn aber zumindest mutmaßen, „dass es wohl keinen dramatisch milden Winter geben wird“. Das wäre angesichts der jüngsten Vergangenheit mit teilweise T-Shirt-Wetter auf dem Weihnachtsmarkt zumindest eine spürbare Veränderung.