Der VfB Stuttgart ist wieder erstklassig und hat sich auf dem Cannstatter Wasen am Sonntag gebührend feiern lassen. Foto: 7aktuell.de/Andreas Friedrichs

Der VfB ist wieder erstklassig – zurück in der Premiumklasse des Fußballs. Doch die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt, kommentiert StN-Autor Gunter Barner.

Stuttgart - Was für eine Explosion der Gefühle! Geschafft, Aufstieg! Eine Mannschaft im Rausch des Sieges, die Fans aus dem Häuschen. Die Stadt versinkt im Jubel aus Weiß und Rot. Der VfB Stuttgart ist nach einer Ehrenrunde durch die zweite Liga wieder dort, wo er hingehört: in der Premiumklasse des deutschen Fußballs. Der Stolz schwäbischer Fußballseelen misst sich erneut mit den Großen der Branche. Und das ist gut so. Stuttgart und die Region sind erstklassig in Technik, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft. Da passt es wie der Ball zum Spiel, wenn das sportliche Aushängeschild mit den Besten Schritt halten kann.

Doch bei aller Euphorie: Die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt. Der Aufstieg ist das eine, den sportlichen Erfolg zu festigen, das andere. Die Mannschaft von Trainer Hannes Wolf hat unbestritten ihre Qualitäten. Trotzdem deckten viele Gegner ohne große Mühe auch ihre Schwächen auf. Dem jungen Team mangelt es vor allem an Klasse in der Defensive. Es braucht dringend Verstärkung.

Wiederaufstieg ein Warmlaufen unter erschwerten Bedingungen

Die Rosskur nach dem Abstieg impfte dem Verein ungeahnte Energien ein. Die neue Crew um Präsident Wolfgang Dietrich macht bis jetzt einen guten Job. Ruhig, zielstrebig, couragiert und selbstbewusst. Die veränderte Führungskultur ist der Nährboden, auf der eine junge Mannschaft wachsen kann, getragen von einer Welle der Begeisterung und Leidenschaft. Entfacht von fantastischen Fans, die ihren Frust nach dem Abstieg gegen wilde Entschlossenheit tauschten.

Im Vergleich zu den Anforderungen der Bundesliga war die Mission Wiederaufstieg allerdings nur ein Warmlaufen unter erschwerten Bedingungen. Der VfB Stuttgart muss möglichst schnell eine Lücke schließen, die zehn Jahre Stillstand und Missmanagement gerissen haben. Die Konkurrenz entwickelt sich sportlich, strukturell und wirtschaftlich im Eiltempo weiter. Die Ausgliederung des Profifußballs in eine Aktiengesellschaft ist zwar kein Patentrezept gegen alle Unwägbarkeiten der Branche, aber eine brauchbare Option, zu der es keine überzeugenden Alternativen gibt. Daimler steht als Investor mit 41,5 Millionen Euro bereit. Willkommenes Startkapital, um den VfB auf Dauer wieder konkurrenzfähig zu machen. Die Mitglieder entscheiden am 1. Juni über die historische Zäsur, die auch eine Vertrauensfrage ist. Können es die neuen Chefstrategen besser? Es sieht ganz danach aus.

Die Bäume werden nicht gleich wieder in den Himmel wachsen. Aber Stuttgart darf sich auf die Bundesliga freuen. Und stolz sein. Auf sich und den VfB.

gunter.barner@stuttgarter-nachrichten.de