Foto: dpa

Oktoberfestwirt setzt biologische Helfer ein. Auf dem Wasen vertraut man auf Lüften.

München/Stuttgart - Ausgerechnet beim 200-jährigen Bestehen könnte der Duft von Schweiß, verschüttetem Bier, Speiseresten und Toiletten die Feierfreude auf dem diesjährigen Münchner Oktoberfest verderben: Kein Rauch überdeckt den Mief auf dem größten Volksfest der Welt. Deswegen wollen einige Wirte dagegen mit Bakterien zu Felde ziehen. "Wir haben das die letzten zwei Jahre ab und zu getestet, nicht flächendeckend, sondern an manchen Stellen", sagt Ricky Steinberg vom Hofbräu-Zelt.

Das Mittel aus eigens gezüchteten Bakterien, das laut Steinberg bereits in der Landwirtschaft angewendet wurde, stammt von einer Parsdorfer Firma für Reinigungssysteme, die unter anderem auch Maßkrug-Spülmaschinen anbietet. Es gehe vor allem um Wasser und Bier, das durch die Planken des Zeltbodens gelaufen ist, oder herabgefallene Speisereste, die dort nicht entfernt werden können, so Steinberg. "Da bildet sich halt dann Schlamm, der den Gestank verursacht. Mit den Mikroorganismen haben wir das sehr gut in den Griff bekommen."

Rauch nimmt Gerüche auf

In der bayerischen Gastronomie gilt nach einem Volksentscheid seit 1. August das bundesweit strengste Rauchverbot. Eine Ausnahme gibt es auch für das größte Volksfest der Welt nicht. Im Vergleich zu früheren Jahren befürchtet der Wirt deshalb eine neue Dimension der Geruchsbelästigung. "Der Qualm hat doch viel Gerüche aufgenommen", sagt Steinberg.

Nun kommen vor allem die Ausdünstungen Tausender Gäste dazu - 7000 Menschen fasst das Hofbräu-Zelt als größte Bierhalle des Volksfestes. Auch in Discotheken habe das Rauchverbot zu neuen unangenehmen Gerüchen geführt. Steinberg hofft allerdings, dass in seinem Zelt durch die große Höhe von zwölf Metern die Gerüche wenigstens teilweise abziehen.

Raucherparadies Wasen

Auf die reguläre Belüftung setzen auch die Wirte auf dem Cannstatter Volksfest - wo es kein Rauchverbot gibt. "Das mit den Bakterien halte ich für übertrieben", sagt Werner Klauss, Sprecher der Festwirte. 5000 bis 6000 Besucher fassen die drei großen Festzelte, wegen schlechter Luft habe sich bei ihm noch keiner beschwert. "Unser Belüftungssystem arbeitet ausgezeichnet."

Das Dinkelacker-Zelt zum Beispiel, das er betreibe: Die beiden Hälften des Daches überlappen sich so, dass das 80 Meter lange Zelt bis zu einem Meter weit geöffnet werden könne - auch bei Regen. "Und das", betont Klauss, "haben in München nicht viele." Außerdem nutze man das Gebläse der Heizungen zur Entlüftung. Am Boden eingeführt, transportiere die aufsteigende warme Luft die schlechten Gerüche ganz weit nach oben - ganz konventionell. Klauss: "Man muss ja auch auf seine Traditionen achten."

Festwirte wollen besser lüften

Auch auf dem Oktoberfest sind längst nicht alle Wirte von den bakteriologischen Helferlein überzeugt. Besser lüften wollen aber auch sie. Für weitere Maßnahmen warte man aber erst einmal ab. "Es sieht ja blöd aus, wenn wir den Leuten sagen: Bevor ihr auf die Wiesn geht, waschts euch", fasst Wirtesprecher Toni Roiderer das Problem zusammen. Sein Hacker-Festzelt ("Himmel der Bayern") hat ein Cabriodach. Damit es nicht zum Himmel stinkt, kann das Dach geöffnet werden und frische Luft ins Zelt lassen. Außerdem können ja auch die Türen lange offen bleiben.

Apropos Tür: Ein Hintertürchen bleibt auch den Wiesn-Wirten: Die Stadt gibt sich trotz Rauchverbots pragmatisch und will während der Jubiläums-Wiesn beide Augen zudrücken und das Rauchen nicht ahnden. Auch die Wirte wollen Raucher nicht bestrafen. Zwar sollen Schilder und das Personal auf das Verbot hinweisen. Aber kein Raucher wird aus dem Bierzelt fliegen. Roiderer: "Die Wiesn ist ein Vergnügungszentrum, kein Rehazentrum."