In der Tiermast werden Antibiotika eingesetzt. Nach dem Willen der EU soll die Menge in Zukunft deutlich reduziert werden. Foto: dpa/Ingo Wagner

Antibiotika sind sehr wichtig beim Kampf gegen viele Krankheiten. Doch immer häufiger gibt es Resistenzen. Die EU will dagegen nun angehen.

Mediziner schlagen Alarm. Jedes Jahr sterben in Europa rund 35 000 Menschen, weil die verabreichten Antibiotika ihre Wirkung verloren haben und die Behandlung von Krankheiten dadurch wesentlich schwieriger wird. Forscher warnen, dass sich diese Entwicklung beschleunigen wird, da die sogenannten antimikrobiellen Resistenzen zunehmen.

Einer der Gründe ist, dass selbst bei einem kleinen Infekt zu schnell und zu viele Antibiotika genommen werden, auch wenn sie gar nicht notwendig wären. Zudem werden noch immer viele Mittel etwa in der Tierzucht eingesetzt, was dann Auswirkungen auf den menschlichen Körper hat. Die Weltgesundheitsorganisation stuft die Antibiotikaresistenz als eine der zehn größten Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit der Menschheit ein.

Das Ziel sind weniger Medikamente

In der Europäischen Union soll dieser Entwicklung nun gegengesteuert werden. Die EU-Kommission und das Parlament setzen sich dafür ein, dass Antibiotika umsichtiger eingesetzt werden und der Verbrauch zudem besser überwacht und drastisch reduziert wird. Bis 2030 sollen in Europa mindestens 20 Prozent weniger Medikamente verabreicht werden. Das aber ist nicht ganz einfach. „Damit antimikrobielle Resistenzen wirksam bekämpft werden können, müssen die Bereiche menschliche Gesundheit und Tiergesundheit sowie Umweltbelange eingehend berücksichtigt werden und muss ein breites Spektrum an Akteuren einbezogen werden“, heißt es von Seiten der EU-Kommission. Dazu wird auch eine stärkere Überwachung in Bezug auf antimikrobielle Resistenzen in Süßwasser, Abwasser und landwirtschaftlichen Böden angestrebt. Ein großes Problem ist auch, dass die Resistenzen nicht an den Grenzen haltmachen. Das heißt, dass nur eine Zusammenarbeit zumindest auf europäischer Ebene wirklich erfolgversprechend ist.

Antibiotika in der Lebensmittelproduktion

Der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken sieht bei der Reduzierung des Einsatzes von Antibiotika den Agrarsektor in der Pflicht. „In Zeiten zunehmender Antibiotikaresistenz ist nicht mehr vertretbar, bestimmte Medikamente, die als letztes Mittel für Menschen verwendet werden, für die Lebensmittelproduktion einzusetzen“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der SPD im Europaparlament. Er verlangt eine „ehrgeizige Liste von Antibiotika, die speziell für den menschlichen Gebrauch reserviert sind“.

Auch sein CDU-Kollege Peter Liese erklärt, dass der Einsatz von Antibiotika dringend reduziert werden muss, betont aber: „Wir brauchen noch weitere Maßnahmen.“ Dazu zählt für den gesundheitspolitischen Sprecher der konservativen EVP-Fraktion die Unterstützung der Forschung auf der Suche nach neuen Medikamenten. „Im Moment rechnet sich die Entwicklung neuer Antibiotika für die Industrie nicht, weil sie sehr teuer ist“, sagt Liese. Er befürwortet, dass Unternehmen in diesem Bereich unterstützt werden. Zum Beispiel auch dadurch, dass die neu entwickelten Mittel länger vor Nachahmerprodukten rechtlich geschützt sind.

Das beste Mittel sei allerdings die Prävention, betonen das Parlament und die EU-Kommission. Um Ansteckungen zu vermeiden, müsse in manchen Ländern der Sanitär- und Hygienestandard angehoben werden. Bisweilen helfe es, sich ganz einfach regelmäßig die Hände zu waschen.