Das Zeichen 251 ist zur Luftreinhaltung umstritten. Foto: dpa

Die Landesregierung versuche, den bundesrechtlichen Rahmen für Fahrverbote rechtswidrig zu umgehen, sagt Professor Christofer Lenz von der Kanzlei Oppenländer. Das Land räumt Unsicherheiten ein.

Stuttgart - Von Januar 2018 an sollen ältere Diesel bei Feinstaubalarm aus dem Stuttgarter Kessel ausgesperrt werden. Die Landesregierung will an Zufahrtsstraßen dazu in großer Zahl das Verkehrszeichen 251 (Verbot für Kraftwagen) aufstellen. Aus Sicht des promovierten Verwaltungsrechtlers Professor Christofer Lenz ist sie mit ihren Plänen auf dem Holzweg: „Nach dem derzeitigen bundesrechtlichen Rahmen können örtliche Behörden in Umweltzonen keine Fahrverbote für Dieselfahrzeuge mit grüner Plakette verhängen“, sagt Lenz.

In einem Aufsatz für die Neue Zeitung für Verwaltungsrecht analysiert Lenz, Partner in der Stuttgarter Kanzlei Oppenländer Rechtsanwälte, die Situation. Seine Bilanz ist ernüchternd. Das Land plane, den geltenden bundesrechtlichen Rahmen „rechtswidrig zu umgehen“. Offenbar sei die Malaise im Verkehrsministerium bekannt, denn die Landesregierung habe am 19. Oktober 2016 im Bundesrat eine Initiative für die Erweiterung der bestehenden Kennzeichnungsverordnung um die Blaue Plakette gefordert. Schriftliche Begründung damals: „Um für Fahrzeuge mit höheren Luftschadstoffemissionen Fahrverbote in Umweltzonen festlegen zu können, ist es erforderlich, das Plakettensystem um mindestens eine zusätzliche Plakette zu erweitern.“ Der neue Aufkleber wird von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verweigert.

Rechtliche Unwägbarkeiten

Das Landesverkehrsministerium räumte am Donnerstag rechtliche Unwägbarkeiten ein. Mit der Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Grünen im Bundestag habe das Ministerium Dobrindt für Stuttgart den Rahmen für ein „streckenbezogenes Durchfahrtsverbot“ aufgezeigt. Den schöpfe man mit Verkehrsbeschränkungen auf „Luftreinhaltestrecken“ aus. Das Bundesimmissionsschutzgesetz sehe „Einzelstreckenanordnungen“ vor. Von einer Zone ist keine Rede mehr. Das Ministerium wolle den Anschein einer flächendeckenden Verbotszone vermeiden, sagt Lenz. Der Sache nach werde sie aber mit vielen Schildern geschaffen.

Das umstrittene Verkehrsschild spielt im Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu dortigen Fahrverboten eine zentrale Rolle. Das endgültige Urteil fällt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. „Die Entscheidung ist nicht absehbar“, heißt es in der dortigen Pressestelle.

Lenz prognostiziert der Düsseldorfer Entscheidung keine lange Halbwertszeit. Das Urteil werde im Revisionsverfahren abgeändert werden müssen, denn dem Gericht sei „ein grober handwerklicher Fehler unterlaufen“. Es habe die einschlägige Norm in Paragraf 45 Absatz 1 f in der Straßenverkehrsordnung übersehen. Dort steht, dass Verkehrsverbote in einer im Luftreinhalteplan beschriebenen Umweltzone „ausschließlich“ mit dem Zeichen 270.1 (Beginn Umweltzone) und den Zusatzeichen (für die Plaketten) angeordnet werden dürfen. Das sei eine „Exklusivitätsvorgabe, andere Verkehrszeichen sind ausgeschlossen“, so Lenz.

Womöglich Offenbarungseid der Regierung

Das Stuttgarter Verkehrsministerium räumte auf Anfrage ein, vom Leipziger Urteil abhängig zu sein. Und zwar auf Gedeih und Verderb. Das Fahrverbot ab 2018 im Stuttgarter Talkessel gelte „vorbehaltlich einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Fall Düsseldorf“.

Wenn das Verkehrszeichen so nicht angewandt werden dürfe, werde es nur Fahrverbote für Diesel am Neckartor geben, aber auch mit dem Zeichen 251. Sollte das nicht möglich sein, stünde die Regierung womöglich noch vor dem Inkrafttreten der Verbote vor dem Offenbarungseid. Dann „stehen darüber hinaus nach derzeitigem Recht keine entsprechenden Maßnahmen zur Verfügung“, so das Ministerium.