Das Literaturhaus Stuttgart hat etwas zu feiern – den 15. Geburtstag. Foto: Michael Steinert

Es ist eine der erfreulichsten kulturellen Bildungsgeschichten der Stadt: Das Literaturhaus Stuttgart. Nun hat man dort den 15. Geburtstag gefeiert – mit Lesungen, wie es sich gehört.

Stuttgart - An diese Party wird man sich erinnern. Das ganze Haus umgekrempelt, das Innerste nach außen gekehrt, die gute Stube zu einem orientalisch anmutenden Bazar verhängt, von den vielen schönen Gaben ganz zu schweigen: Texte aller Art, gelesen, gewebt und gesungen. Das Literaturhaus Stuttgart feiert seinen fünfzehnten Geburtstag. Steht dieses Alter allgemein für den Aufbruch in die Autonomie, dann hier doch ganz besonders. Denn bald kann der Trägerverein die Immobilie, in der sich während der letzten anderthalb Jahrzehnte eine der erfreulichsten kulturellen Bildungsgeschichten der Stadt abgespielt hat, sein eigen nennen. Kein Wunder leuchtet an diesem Abend die Fassade in allen Buchstaben, Satzgeschenke der dem Haus verbundenen Autorinnen und Autoren flimmern über die Mauerstreifen: „Denn erst die Ohren geben der Zunge Leben“, liest man da, was mit den dazu gereichten Fleischbällchen des schreibenden Kochs Vincent Klink eine eigentümliche synästhetische Wahrheit entfaltet.

Alle sind da, um ihre Referenz zu erweisen, neben allen Namhaften auch die, denen Martin Walserin seiner Satzgabe huldigt: die interessierten Stuttgarter, die mit dem Herzen hören, und darum so herzlich reagieren, dass der Autor glaubt es liege an ihm – „man nennt das die Stuttgarter Verführung“.

„Das Literaturhaus tut der Stadt gut“

Die Hausherrin Stefanie Stegmann nimmt sie im Mozartsaal der Liederhalle in Empfang, in der ihr eigenen Mischung von intellektuellem Charme und Abenteuerlust. Kein Klima für zeremonielle Fensterreden, weshalb die honorablen Gratulanten freimütige Einblicke in ihre eigene literarische Erziehung geben. Die Landtagspräsidentin Muhterem Aras erzählt, wie sie nach einer buchlosen Kindheit in Ostanatolien später in Deutschland das Glück des Lesens an der Seite der Försterstochter „Pucki“ fand. Trotz des reaktionären Frauenbildes für das junge Mädchen eine Offenbarung, die das Gefühl für die Sprache des Landes gefestigt hat, die ihre Heimat werden sollte. Die Literaturkarriere des Oberbürgermeisters Fritz Kuhn begann mit „Mario und dem grauen Wolf“, während sich der Moderator und Literaturhaus-Vorkämpfer Wieland Backes am wohlsten mit „Hänschen im Blaubeerwald“ fühlte.

Klein hat auch das Literaturhaus angefangen, Helga Breuninger, die Vorstandsvorsitzende des Trägervereins des Hauses erzählt, wie sich der bürgerschaftliche Einsatz über alle anfänglichen Schwierigkeiten hinweggesetzt hat, und in Florian Höllerer schließlich eine Idealbesetzung für die Gründungsjahre gefunden werden konnte. Was der aus Berlin Angereiste mit einem bescheidenen Lächeln quittiert, das man in Stuttgart vielleicht noch viel mehr vermissen würde, wenn seine Nachfolgerin das Prädikat Idealbesetzung nicht mit der gleichen heiteren Anmut tragen würde. „Das Literaturhaus tut der Stadt gut, fünfzehn Jahre sind kein Alter, sie haben noch viel vor sich“, sagt der Oberbürgermeister und verspricht, auch in schwierigen Zeiten hinter dem Haus zu stehen.

Wie erhellend, wie kurzweilig, wie verführerisch Lesungen in Stuttgart sein können, demonstrieren dann die Moderatorin Insa Wilke und der Autor Navid Kermani im Gespräch über seinen neuen Roman „Sozusagen Paris“, dessen Handlung, wie könnte es anders sein, mit einer Lesung einsetzt. Auch das eine Idealbesetzung.