Anne Römpp (links) und ihre Künstlerkollegin Florina Leinß sind sich einig in ihrem Bestreben, den Raum immer in ihre äußerst reduzierte Kunst einzubeziehen. Foto: Sabine Schwieder

Die Stuttgarter Künstlerinnen Anne Römpp und Florina Leinß haben die Räume des Kunstvereins Gästezimmer in Stuttgart-Möhringen bestückt.

Möhringen - Florina Leinß und Anne Römpp sind Künstlerinnen, die nicht auf einen Knalleffekt aus sind. Ihre Kunst, die sehr gut harmoniert, ist äußerst reduziert und auch farblich zurückhaltend. Gemeinsam ist ihnen vor allem das raumbezogene Arbeiten. Mit den hellen Räumen des Kunstvereins Gästezimmer verfügten die beiden über den gewünschten Rahmen für eine gemeinsame Arbeit. Am Freitag, 22. September, um 19.30 Uhr wird ihre Ausstellung mit dem Titel „Die Offensichtlichkeit kaum fassbarer Gebilde“ eröffnet.

Förderpreis des Künstlerbundes Baden-Württemberg

Die jungen Frauen kennen sich von einer Gruppenausstellung , bei der sie feststellten, dass sie künstlerisch ähnlich denken. Anne Römpp, aufgewachsen in Bayreuth, kam über eine Schreinerlehre und die Ausbildung zur Holzbildhauerin in Oberammergau zur Stuttgarter Kunstakademie. Sie arbeitet in einem Atelier im Osten der Stadt und macht im Brotberuf Taubblinden-Assistenz. Florina Leinß, aufgewachsen in Sigmaringen, hat ihre Laufbahn an der Kunstakademie ein Jahr später begonnen. Sie arbeitet in einem Atelier im Westen und hauptamtlich beim Institut für Darstellen und Gestalten der Uni Stuttgart. Zufällig wurden beide mit dem Förderpreis des Künstlerbundes Baden-Württemberg ausgezeichnet.

Industrieller Charakter der Ausstellungsräume

Während Leinß eher von der Malerei kommt, gehört Römpp zur Spezies der Sammler. „Es sind meist Teile von etwas, ein kaputter Henkel zum Beispiel, nicht die ganze Tasse“, erklärt sie. So hat sie Drähte oder Gewindestangen, mit Kabelbindern verbunden, zu einem fragilen Gebilde zusammengesetzt und an die Decke gehängt. In Zusammenhang mit den Stromleitungen und den Kränen von der benachbarten Baustelle, die durch die großen Fenster zu sehen sind, wird so der industrielle Charakter des Ausstellungsraumes deutlich. Vorhandene Heizkörper werden in die kleinen und eher unspektakulären Installationen integriert, sodass der Raum insgesamt zu einem Kunstwerk wird. Ein gebogener Kleiderbügel wird zu einer Art Aushängeschild, notdürftig zusammengehalten von Magneten.

Unscheinbare Randerscheinungen, so die Künstlerinnen, sollen mit ihrer gemeinsamen Arbeit in den Mittelpunkt gerückt werden, um „die Infrastruktur unserer Lebenswelt zu untersuchen und neu zu bewerten“. Dazu gehören auch die Postkarten an der Wand. Es sind Fotografien, durch Zufall entstanden, weil die Kamera gerade weggelegt wurde und noch einmal ausgelöst hat.

Nagellöcher in der Wand werden zu Fixpunkten

Bei Florina Leinß waren es die Nagellöcher in der Wand, die sie zu einer Arbeit mit Formen in zurückhaltenden Farben inspirierten. Die kleinen Löcher wurden so zu Fixpunkten. „Sie forderten eine neue Interpretation“, sagt sie dazu. Eine Serie von Quadraten, die wie kleine Fenster wirken, sind Lichtschaltern nachempfunden. Das mit verschiedenen Grautönen bemalte Papier, das über einer Stange hängt, wird von einem großen Stück Rot dominiert. Doch auch hier geht es um Randerscheinungen: die „Ersatzgarderobe“, wie sie ihre Installation auch nennt, wirkt vor allem durch die Aussparungen.

Vernissage „Die Offensichtlichkeit kaum fassbarer Gebilde“ wird am Freitag, 22. September, um 19 Uhr eröffnet. Die Ausstellung im Kunstverein Gästezimmer, Vaihinger Straße 140, ist bis zum 1. Oktober sonntags von 15 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung unter kv-gaestezimmer@gmx.de zu sehen.