Besucher bewundern die Sixtinische Kapelle im Apostolischen Palast: In den Vatikanmuseen arbeiten rund 700 Menschen, viele von ihnen als Museumswächter. Foto: dpa/Alessandra Tarantino

49 Angestellte der vatikanischen Museen beklagen unzumutbare Arbeitsbedingungen und vernachlässigte Sicherheit. Dabei hat doch Papst Franziskus die Ausbeutung von Arbeitern als Todsünde gebrandmarkt.

Die Anrede ist respektvoll, der Vorwurf hart: „Hochwürdigste Eminenz, die Arbeitsbedingungen verletzen die Würde und die Gesundheit eines jeden Beschäftigten. Die Missmanagement (der vatikanischen Museen, Anm. der Red.) ist offensichtlich, und das Ganze erschiene noch schlimmer, wenn der Grund dafür die Profitmaximierung ist.“ So beginnt ein Brandbrief der italienischen Rechtsanwältin Laura Sgrò, den sie im Namen von insgesamt 49 Angestellten der vatikanischen Museen verfasst hat. Adressiert ist das Schreiben, das in diesen Tagen vom „Corriere della Sera“ in Auszügen veröffentlicht worden ist, an Kurienkardinal Fernando Vèrgez Alzaga. Er ist Präsident des Governatorats, der vatikanischen Staatsverwaltung, der auch die Museen unterstellt sind.

In dem Brief werden schwerste Vorwürfe an die Leitung der Museen erhoben, sowohl bezüglich der Arbeitsbedingungen als auch bezüglich der Sicherheit für die Besucher. In den Anstellungsbedingungen fehlten die elementarsten Normen des Arbeitsrechts; auch gebe es kaum ein soziales Auffangnetz. Schlimmer noch: Als während der Pandemie die Museen geschlossen und die Mitarbeiter in die Zwangsferien geschickt wurden, sei ihnen die zwangsweise arbeitsfreie Zeit als Fehlstunden angerechnet worden, die sie nachträglich hätten abarbeiten müssen.

Außerdem habe Papst Franziskus angesichts der finanziellen Probleme des Kirchenstaats die Löhne eingefroren. Bei den Beförderungen und bei der Anerkennung von besonderen Leistungen und des Dienstalters herrsche „absolute Willkür und permanentes Chaos“. Kurz: Diese Arbeitsbedingungen seien unzumutbar.

Vorwurf: Museen lassen zu viele Besucher ein

Gravierend sind auch die im Brief geltend gemachten Beanstandungen in Sachen Sicherheit: Trotz der eigentlich geltenden Höchstgrenze von täglich 24 000 Besuchern würden regelmäßig 25 000 bis 30 000 Besucher in die Säle eingelassen. Dem Andrang seien weder die Lüftung der Räume noch das Wachpersonal gewachsen. Für die Angestellten und die Museumsbesucher bedeute dies ein „gesundheitliches, biologisches und physisches Risiko“. Vor allem in den heißen und feuchten Sommermonaten könnten dadurch auch die Exponate beschädigt werden, heißt es in dem Brief. Geführt werden die vatikanischen Museen, die zu den wichtigsten der Welt gehören, von der italienischen Kunsthistorikerin Barbara Jatta. Ihre Ernennung im Januar 2017 durch Papst Franziskus hatte einiges Aufsehen erregt, weil sie als Direktorin der Museen den mit Abstand wichtigsten Posten erhielt, den der Vatikan je an eine Frau vergeben hat.

Bisher haben weder Jatta noch Governatorat-Chef Kardinal Fernando Vèrgez Alzaga zu den massiven Vorwürfen des Personals Stellung genommen. Das könnte daran liegen, dass die Verfasserin des Briefes, Laura Sgrò, im Vatikan wenig Freunde hat: Sie vertritt auch die Familie von Emanuela Orlandi, der vor mehr als 40 Jahren spurlos verschwundenen Tochter eines Vatikan-Angestellten. Der Fall ist für den Kirchenstaat unangenehm, weil der Verdacht im Raum steht, dass auch hohe Kurienprälaten mit dem Verschwinden des damals 15-jährigen Mädchens zu tun gehabt haben könnten. Unlängst hat Sgrò erreicht, dass der Fall neu aufgerollt wird. Außerdem vertritt die Anwältin auch Missbrauchsopfer, die gegen den Vatikan klagen.

Eine solche Sammelklage wäre eine Premiere

Formell gesehen ist die Übergabe des Beschwerdeschreibens an das Governatorat noch keine Klage: In den kommenden 30 Tagen wird eine Schlichtung versucht; erst wenn diese scheitert, könnten die 49 Angestellten eine gemeinsame Klage gegen den Vatikan einreichen. Eine solche Sammelklage wäre eine Premiere im Kirchenstaat, in welchem es weder Gewerkschaften noch ein Arbeitsgericht gibt. In den Vatikanmuseen arbeiten rund 700 Menschen, viele von ihnen als Museumswächter. Fast alle sind italienische Staatsbürger. Mit jährlichen Einnahmen von rund 100 Millionen Euro sind die Museen die wichtigste Einnahmequelle des Vatikanstaats überhaupt. Es steht also einiges auf dem Spiel.

Pikant sind die Vorwürfe der Angestellten auch deshalb, weil Papst Franziskus seit seiner Wahl vor mehr als zehn Jahren in unzähligen Predigten, Schriften und Andachten immer wieder die Ausbeutung der Arbeiter angeprangert hat; einmal hat er sie sogar als „Todsünde“ bezeichnet. Als absolutistischer Monarch des Kirchenstaats trägt Franziskus letztlich auch die Verantwortung für die Angestellten der vatikanischen Museen. Bei diesen ist die Bitterkeit offensichtlich groß: „Der Papst spricht von Rechten und dem Schutz der Arbeitnehmer, doch wir werden als bloße Ware betrachtet“, beklagen die Mitarbeiter in dem Brief.

Die Vatikanischen Museen

Sammlung
 Die Vatikanischen Museen beherbergen vor allem die päpstlichen Kunstsammlungen und befinden sich auf dem Territorium der Vatikanstadt. Diese Sammlung ist eine der wichtigsten und größten der Welt.

Michelangelo
Der wohl bekannteste Teil, der im Zuge eines Museumsbesuchs besichtigt werden kann, ist die Sixtinische Kapelle mit den Deckenmalereien des Michelangelo. Besonders der Ausschnitt „Die Erschaffung Adams“ ist ein weltberühmtes und oft reproduziertes Werk.